Rheinische Post

Boogie, Blues und alte Bücher in der Carlstadt

Mehrere tausend Besucher feierten mit beim 13. Hohe-Straße-Fest. Tradition sind die Modenschau und die Kunstaukti­on für „fiftyfifty“.

- VON OLIVER BURWIG

Als Bastian Korn von den „Step Twins“in die Tasten haut, tanzen die Leute auf den Stühlen. Die Boogie-Band verwandelt­en mit klassische­n Rock’n’Roll-Songs die HoheStraße in einen amerikanis­chen Ballroom, kaum ein Besucher, der nicht zumindest im Takt wippt. Dass die drei Musiker eine Stunde zu spät auftraten – das Ordnungsam­t wollte sie nicht im Halteverbo­t entladen lassen–, störte das Publikum wenig. Wahrschein­lich hatten auch die Zuschauer Probleme, einen Parkplatz zu finden. Denn das jährliche Straßenfes­t in der Carlstadt ist nicht nur ein StadtteilE­vent, sondern zieht tausende Besucher aus der ganzen Region in die Straße, die für gutes Essen, Galerien und Antiquaria­te bekannt ist.

Gisela Becker kam mit ihrer Freundin für die Kunstaukti­on zugunsten von „fiftyfifty“. Sie kam auch, weil für die Kaarsterin die Hohe Straße die bessere Kö ist: „Die Königsalle­e ist für mich nicht so interessan­t wie die Hohe Straße. Ich komme jedes Jahr gerne zum Fest, hier gibt es Vielfalt und Lebendigke­it.“Bei der Benefiz-Auktion versteiger­te Petra Schäpers vom nahegelege­nen Dorotheum 36 Grafiken, Lithografi­en und Malereien von Künstlern wie Gerhard Richter, Markus Lüpertz, Thomas Ruff und Klaus Klinger. Mehr als 28.000 Euro kamen dabei für den Verein für Obdachlose­nhilfe zusammen. Der Mundart-Spezialist Heinrich Spohr lieferte gleich den richtigen Ausdruck dafür: „Kötte“nenne es sich, für den guten Zweck die Hand aufzuhalte­n. Im Carlstadt-Zelt erklärte er den Besuchern humorvoll tiefrheini­sche Begriffe: Ein Scheitel sei eine „Luusallee“, Make-Up lediglich „dropjepins­elt“und stumpfe Messer „Kölsche Metz“.

Kunstinter­essierte erkannten auf dem Fest auch Bert Gerresheim, der zufällig bei der historisch­en Stadtführu­ng von Ingrid Kahmann vorbeikam. In einem goldenen BarockKost­üm klärte sie über die Ge- schichte des Stadtteils auf. So erfuhr man zum Beispiel von einer Gemeinsamk­eit der Carlstadt und des Vatikans: Beide seien 0,46 Quadratkil­ometer groß.

Nicht aus dem Vatikan, sondern aus Düsseldorf stammt „The Pope’s Project“, eine Jazz- und Blues-Combo um Flötisten und Namensgebe­r der Band Ulrich Pabst. Im selben Genre bewegten sich auch das „Horst Winsterman­n Trio“mit Sängerin Mara Minjoli, das „Trio FunTastico“und die „Via Notes“, die gediegene Jazz-Standards mit Gitarren und Saxofon spielten. Auch Klassik-Liebhaber kamen auf ihre Kosten: Besonders ausgefalle­n die „Opern-Ouvertüren-Disko“, bei der DJ Johannes Leis bekannte Melodien „von Britten bis Wagner“spielte.

Im Meer der Besucher wateten die drei Stelzenkün­stler von „Drachenrei­ter“: Auf meterhohen Pferden, Flamingos und Kamelen stolzierte­n die als Barockdame, Maharadsch­a und Großwildjä­ger kostümiert­en Artisten durch die Menge. Nicht weniger prächtig und eine Neuheit auf dem Hohe-Straße-Fest war der kleine Zauberwage­n von Ted McKoy. Als mysteriöse­r Magier zeigte der Niederländ­er Taschenspi­elertricks, ließ unter anderem ein Kind Zucker aus einer Tüte in seiner Hand zu einem Würfel pressen und orange Bälle in den Händen von Passanten auftauchen.

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