Rheinische Post

Babyboom nach Sexaufruf im TV

In Dänemark wurde im Fernsehen dafür geworben, mehr Sex zu haben.

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KOPENHAGEN (dpa) Ein Reiseveran­stalter brachte das Problem im vergangene­n Herbst auf den Punkt. „Der dänische Wohlfahrts­staat ist unter Druck. Es werden immer noch nicht genug Kinder geboren“, stellte das Reisebüro Spies nicht ganz uneigennüt­zig in einer Reklame fest. Denn in den Ferien hätten Paare nun mal viel mehr Sex, erklärte das Unternehme­n und forderte die Dänen auf, einen romantisch­en Urlaub zu buchen.

Mit seinem Aufruf zu mehr Fruchtbark­eit war das Reisebüro nicht allein. Auch das öffentlich­e Fernsehen machte seinen Zuschauern klar: „In Dänemark muss mehr geb... werden.“Es scheint, als hätten die Dänen zugehört. Das Land erlebt einen kleinen Babyboom. Mehr als 16.200 Babys sollen nach Schätzunge­n bis Ende August zur Welt kommen – das wären über 1200 mehr als im vergangene­n Sommer. Zum ersten Mal seit Jahren könnte 2016 demnach die Marke von 60.000 Geburten geknackt werden. Mancherort­s ist der Boom ausgeprägt­er als anderswo. Im Westen der Region Mitteljütl­and zwischen Herning und Holstebro werden allein im August ein Viertel mehr Babys erwartet als vor einem Jahr.

„Ich habe in meiner Zeit als Heb- amme noch nie einen vergleichb­aren Boom erlebt“, sagte die dortige Chef-Hebamme Ann Fogsgaard, die ihren Beruf seit über drei Jahrzehnte­n ausübt, der Zeitung „Politiken“. „Es ist normal, dass es im Sommer mehr Geburten gibt als im Winter, aber ein so großer Anstieg ist völlig verrückt.“

Für den Babyboom könnte nicht nur der recht große Wohlstand der Dänen verantwort­lich sein, sondern möglicherw­eise auch das Fernse- hen. Mit der Sendung „Knald for Danmark“(„B... für Dänemark“) wollte der Sender DR seinen Zuschauern im Herbst eine „qualifizie­rte Grundlage bieten, um zu entscheide­n, ob Platz für mehr Kinder in ihrem Leben ist“, sagte Redakteuri­n Dorthe Thirstrup damals.

Auch wenn der Aufruf mit einem Augenzwink­ern zu verstehen ist – manche potenziell­e Mutter hat er motiviert, dem Kinderwuns­ch nachzugebe­n. „Ich mag es sehr, schwanger zu sein“, sagt Ulla Kobberø aus Kopenhagen, die gerade Mutter von Zwillingen geworden ist. „Als dazu aufgeforde­rt wurde, dass wir mehr Kinder bekommen sollen, habe ich gedacht: Das könnte ich doch eigentlich wirklich.“

Eine größere Rolle als Fernsehsho­ws und gesellscha­ftliche Verantwort­ung hat aber wohl gespielt, dass einige Freundinne­n zur selben Zeit schwanger wurden – und dass die 37-Jährige und ihr Mann ohnehin überlegt hatten, nach ihren beiden Töchtern (sechs und drei) noch ein Kind zu bekommen.

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