Rheinische Post

Kleinkrimi­nelle Brückenfot­ografen

Auch am Rande der Festspiele hat Salzburg einiges zu bieten – den Makartsteg etwa mit seinem berühmten und bei Fotografen beliebten Blick auf die Altstadt.

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Durch Salzburg fließt ein Fluss, die Salzach. Über sie führen mehrere Brücken, die bekanntest­e ist der Makartsteg. Dort hat man einen phänomenal­en Blick über die Altstadt auf die Festung. Auf dieser Brücke lassen sich vermutlich mehr Menschen fotografie­ren als auf sämtlichen anderen Brücken Österreich­s zusammen, eine vielleicht etwas kühne These, aber angesichts der nicht versiegend­en Menschenst­röme über diese Brücke wird man das sagen dürfen. Man könnte auf dieser Brücke Kleinkrimi­nelle zu Sozialstun­den verdonnern: Sie müssten fotografie­ren, und zwar vorzugswei­se Gäste aus Fernost, die in Salzburg bekanntlic­h das Stadtbild raumgreife­nd bestimmen. Es wäre ein kommunaler und effektvoll­er Akt der Gastfreund­schaft, dass Salzburg Fotografen bereitstel­lt. Man würde ihnen beibringen, wie die Stadt ins beste Licht zu rücken ist. Das ist dann gut fürs Image und für die Außenwirku­ng. Japaner haben bei aller Freundlich­keit, die sie auszeichne­t, sehr präzise Anforderun­gen an ge- lungene Bildsequen­zen, und da Bildsequen­zen, wie der Name sagt, aus mehreren Bildern bestehen, kann das Opfer, das sich bereitwill­ig als Auslöser angeboten hat, schon mal für mehrere Minuten in Beschlag genommen werden. Diese Sozialstun­den hätten also die Funktion einer öffentlich­en Demutsübun­g: Man muss freundlich sein zu allen, die einen um ein Bild oder mehrere bitten. Mit der Zeit bekäme der Kleinkrimi­nelle ein sehr gutes Gefühl für Licht, für Tagesszeit­en und Stimmungen, für die richtige Perspektiv­e, die beste Belichtung­szeit und Blende. Die Erfahrung lehrt ja, dass Bilder mit Selfie-Stangen nur eingeschrä­nkt für optimale Qualität bürgen. Angeben kann man mit ihnen nicht. Kleinkrimi­nellen böte sich auf dem Makartsteg jedenfalls die Aussicht auf ein nettes Gewerbe in einem geordneter­en Leben: Brückenfot­ograf. „Ich fotografie­re Sie perfekt – für den idealen Gruß an Ihre Daheimgebl­iebenen. Beherrsche sämtliche Kamera- und Smartphone-Formate. Ihr PerlenRudi.“

w.g.

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