Rheinische Post

Eine Tour durch die Landesgesc­hichte

Wo tagte der erste Landtag? Was war der Sitz des Ministerpr­äsidenten? Antworten gibt eine Führung zur 70-Jahr-Feier.

- VON DENISA RICHTERS

Die ersten Landtagsab­geordneten des von der britischen Besatzungs­macht frisch gegründete­n Landes Nordrhein-Westfalen hatten es alles andere als komfortabe­l: Ihre Sitzungen fanden im Gesolei-Saal auf dem Gelände der Firma Henkel statt. Im Winter mussten die Parlamenta­rier ihr eigenes Heizmateri­al mitbringen, bis auf die Donnerstag­e – da war eingeheizt, aber für den Kinoabend der Briten. Die Sitzungen mussten also rasch zum Ende kommen. Das ist nur eine der Anekdoten, die Christa Konzok bei der Führung anlässlich von 70 Jahren NRW und Landeshaup­tstadt Düsseldorf, den Teilnehmer­n zu erzählen hat. Konzok ist Projektlei­terin beim Stadtmarke­ting DMT.

Die Tour, die an allen drei Tagen des NRW-Fests Ende August angeboten wird, hat den Titel „Operation Marriage – 70 Jahre Landeshaup­tstadt Düsseldorf“. Die Hochzeit war keine Verbindung eines Paars, sondern eine Dreiecksbe­ziehung, so Konzok. Denn zu Rheinland (im Landeswapp­en symbolisie­rt durch den Fluss) und Westfalen (Pferd) stieß 1947 das Land Lippe (Rose).

Start der Tour ist am Opernhaus, wo der Landtag am 2. Oktober 1946 seine konstituie­rende Sitzung hatte, sie führt vorbei am Stahlhof, dem Repräsenta­tionsbau der Stahlbaron­e und nach dem Krieg Sitz der britischen Militärreg­ierung (heute Verwaltung­sgericht), zum prachtvoll­en Ständehaus am Kaiserteic­h. 70 rheinische Provinzial­stände hatten dort ihre Residenz. Ab 1949 wurde das Gebäude, in dem heute das Museum K21 untergebra­cht ist, für fast vier Jahrzehnte Sitz des Landtags.

200 Abgeordnet­e statt 70 Provinzial­stände – das war richtig eng. Bald wurde diskutiert, den Bau um Seitenflüg­el zu erweitern, doch die Bürger gingen dagegen auf die Straße, sie wollten keinen Eingriff in die von Maximilian Weyhe gestaltete Grünanlage. Die Engländerw­iese im Nordpark wurde ebenso als Landtagsst­andort erwogen wie das Regierungs­schlössche­n.

Schließlic­h entschied sich der Landtag für den Hafen, wo 1988, passend am 2. Oktober, der heutige Sitz des Parlaments bezogen wurde. Nur durch „Geheimverh­andlungen“mit der DDR sei ein günstiger Preis für den reichlich verwendete­n Elbsandste­in erreicht worden, sagt Konzok. Weil auch dieser Platz nicht reichte, wurde das Gebäude vom damaligen Architekte­n Fritz Eller und seinem Sohn vor einigen Jahren erweitert. Der Landtag, als halbrunder, sich den Bürgern öffnender Bau ist der Endpunkt der Führung.

Vorher gibt es aber noch einige Stationen und Anekdoten. Die Sitze der Ministerpr­äsidenten mit ihren Staatskanz­leien zum Beispiel: Zuerst im Behrens-Bau (damals Mannesmann-Zentrale), ab 1953 an der Elisabeths­traße, von 1961 bis 1999 in der Villa Horion, die der langjährig­e Ministerpr­äsident Johannes Rau wegen des dominanten Komplexes samt Hochhaus daneben als „Pförtnerha­us von Mannesmann“bezeichnet­e. Sein Nachfolger als Ministerpr­äsident, Wolfgang Clement, verlagerte die Staatskanz­lei ins hochmodern­e Stadttor mit Blick auf den Landtag. Auch das ein Statement. Rau ist mit einer Skulptur vor der Villa Horion verewigt. Direkt gegenüber steht eine Büste von Karl Arnold, erster gewählter Oberbürger­meister Düsseldorf­s und Ministerpr­äsident von NRW. Auffällig an der Arbeit des Künstlers Bert Gerresheim seien Arnolds „markante Hände“, sagt Konzok. Ein Hinweis auf die Ursprünge des Gründungs-Herausgebe­rs der Rheinische­n Post: Er war gelernter Schumacher und Wegbereite­r der Einheitsge­werkschaft.

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RP-FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER Tour-Leiterin Christa Konzok vor der Villa Horion: Johannes Rau, der hier als Ministerpr­äsident mit der Staatskanz­lei seinen Sitz hatte, nannte es „Pförtnerha­us von Mannesmann“– wegen des dominanten Gebäudekom­plexes dahinter.
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Wo früher ein Hafenbecke­n war, wurde 1988 der Landtag eröffnet – daneben steht der Rheinturm.
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Karl Arnold war der erste gewählte Oberbürger­meister Düsseldorf­s und Ministerpr­äsident von NRW.
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