Rheinische Post

Flüchtling­e lernen schwimmen

Günter Fammler bringt zehn jugendlich­en Flüchtling­en das Schwimmen bei. Nach zehn Terminen sind die Schüler des Berufskoll­egs Bachstraße deutlich sicherer im Wasser.

- VON TINO HERMANNS

UNTERBILK Die deutsche Definition von „schwimmen können“ist nicht unbedingt mit der afrikanisc­hen identisch. Das wurde klar, als zehn unbegleite­te jugendlich­e Flüchtling­e bis 18 Jahre aus Gambia, Guinea, dem Irak, Syrien und Afghanista­n beim Schwimmkur­s im Stadtteilz­entrum Bilk erschienen. „Einige dachten, sie können schwimmen. Dabei konnten sie sich nur wenige Augenblick­e über Wasser halten“, sagt die Integratio­nsbeauftra­gte Elisabeth „Queen“Drews. Sie organisier­te zusammen mit dem Leiter des Stadtteilz­entrums Bilk, Konrad Schnabel, den Schwimmkur­s.

„Die Jungs wohnen über Düsseldorf verteilt, gehen aber alle zusammen in eine Klasse für internatio­nale Schüler am Berufskoll­eg Bachstraße. Jetzt in den Schulferie­n haben sie nichts zu tun“, erläutert Schnabel. „Als wir mit der Idee vom Schwimmkur­s um die Ecke kamen, waren auch die Lehrer begeistert.“

Ein erfahrener Schwimmleh­rer war schnell gefunden. Günter Fammler ist seit Jahrzehnte­n bei den Freien Schwimmern von der Anfängerau­sbildung bis zum Leistungst­raining aktiv. „Die Jungs mussten erst einmal einen Kulturscho­ck überwinden. Nie zuvor hatten sie ein überdachte­s Schwimm- becken gesehen und dann standen sie in einer Halle diesen Ausmaßes“, sagt Fammler. „Sie sind aber alle sehr lernbegier­ig und stacheln sich gegenseiti­g an. Wenn der eine was kann, will der andere das auch können.“

Mamadou Aliou Barry ist einer der „Düsseldorf­er Schwimmsch­üler“. Der 17-Jährige kommt aus Conakry, der Hauptstadt Guineas. Die liegt zwar auf einer Insel vor dem afrikanisc­hen Festland, aber Barry war nur ein paarmal bis zu den Fußknöchel­n im Meer. „Ich wusste gar nichts übers Schwimmen. Erst in Düsseldorf hatte ich vollen Kontakt mit Wasser“, erzählt der 17-Jährige. „Ich habe schon viel gelernt.“Auch, wie er ohne Hilfe von seiner Unterkunft zum Bürgerhaus Bilk, in dem auch das Hallenbad integriert ist, kommt. „Die Jungs mussten alleine mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln ins Schwimmbad kommen. Das schult auch ihre Alltagstau­glichkeit in Düsseldorf“, sagt Drews.

Sowieso waren einige deutsche Tugenden für die Teilnahme am Schwimmkur­s gefragt. „Wir haben ihnen am Anfang gesagt, was sie tun müssen. Also beispielsw­eise jedes mal die Badehose und Duschzeug mitbringen, dass sie sich an die allgemeine­n Baderegeln halten und dass sie pünktlich sein müssen“, sagt Drews. Pünktlichk­eit war besonders wichtig, denn zweimal wöchentlic­h stand den „SchwimmEle­ven“nur jeweils 30 Minuten Wasserzeit zur Verfügung.

Zugegeben, nach den zehn Übungseinh­eiten können die zehn Kursteilne­hmer immer noch nicht richtig schwimmen, aber sie haben mehr Wassersich­erheit erworben, und vor allem Spaß an der Sache gefunden. „Ich gehe auch nach dem Kurs weiter ins Schwimmbad“, sagte Barry. Und auch das Trio Schnabel-Drews-Fammler will weitermach­en. „Wir denken gerade intensiv über einen zweiten Schwimmkur­s für unbegleite­te jugendlich Flüchtling­e nach“, erklärt Schnabel.

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