Banken-Stresstest ohne Teststress
Durchfallen konnte gestern bei der Überprüfung der Belastbarkeit von Europas Kreditinstituten keiner. Das hat den Druck verringert. In Italien wurde allerdings bis zuletzt um Hilfe für die angeschlagene Monte dei Paschi gerungen.
FRANKFURT Europas Banken stecken in einer schwierigen Phase. Niedrige Zinsen, immer stärkere regulatorische Anforderungen, dazu der harte Wettbewerb und zuletzt noch der drohende Austritt großbritanniens aus der EU - alles Faktoren, die den Banken auch nach der Überwindung der Finanzkrise Probleme bereiten. Das ist einer der Gründe, warum in regelmäßigen Abständen ihre Widerstandsfähigkeit getestet werden soll. Gestern Abend sind die Ergebnisse des neuesten Stresstests bekanntgegeben worden. Wir beantworten wichtige Fragen zu diesem Test. Warum wird überhaupt getestet? Die Finanzkrisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, welche Folgen der Zusammenbruch einer Bank für das Wirtschaftssystem haben kann. Deshalb wird mit hilfe der Stresstests ein Szenarium hergestellt, das zeigen soll, welche Überlebenschancen die Geldhäuser im Krisenfall haben. Tenor: Je besser wir die Risiken in den Bilanzen kennen, desto früher können wir gegensteuern, und umso größer ist das Vertrauen in die Stabilität der Branche in Europa. Wer hat diesmal getestet? Offiziell machen das die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufsichtsstelle für die 129 größten Banken der Euro-Zone und die Europäische Bankenaufsicht (EBA) als maßgebliche Stelle für die gesamte EU. Faktisch haben die Banken anders als 2014 den Test quasi selbst gemacht. Im Klartext: Sie bekamen von den Aufsehern Tabellen, in die sie jene Werte eintragen mussten, die im bankinternen Test herausgekommen waren. Mehr als 10.000 Daten pro Bank sollten so herauskommen. Wie realistisch die Ergebnisse sind, bleibt offen, wenn jedes Kreditinstitut die Daten selbst einspeist. Was unterscheidet den Stresstest 2016 vom Stresstest 2014? Vor allem zwei Dinge. Erstens: Dadurch, dass die Europäische Bankenaufsicht keine Mindestkapitalanforderungen für den Krisenfall vorgegeben hat, konnte diesmal kein Institut durch die Prüfung fallen – also ein Stresstest ohne Teststress. Vor zwei Jahren hatten 24 von 123 Unternehmen den Test nicht bestanden, also jede fünfte Bank, die unter die Lupe genommen wur- Harte Kernkapitalquote Ende 2015 Deutsche Bank Commerzbank VW Financial Services Bayern LB LBBW Helaba NordLB NRW-Bank Deka-Bank de. Zweitens: Es sind diesmal weitaus weniger Banken getestet worden als beim Check vor zwei Jahren. Wie aussagekräftig ist dann der Test? Darüber streiten die Experten schon seit Langem. Die Befürworter sagen, die Ergebnisse des Tests sollten in die Bewertung von Geschäftsmodellen einfließen. Aber das muss dann auch Konsequenzen haben. Vor zwei Jahren fielen beispielsweise allein neun Institute in Italien durch. Wer denkt, dies hätte danach Alarmstimmung ausgelöst – wenn, dann auf jeden Fall nicht allzu lan- ge: Die 360 Milliarden Euro an faulen Krediten, die Italiens Banken mit dem Kriseninstitut Monte dei Paschi an der Spitze noch heute mit sich herumschleppen, haben erneut die Diskussion um Staatshilfen für die Banken ausgelöst. Fazit: Die Diagnose ist zwar erfolgt, die Therapie teilweise aber nicht - anders als beispielsweise in den USA, wo vor Jahren Banken gezwungen wurde, sich frisches Kapital zu beschaffen. Was passiert jetzt in Italien? Die Monte dei Paschi braucht dringend Geld vom Kapitalmarkt und will daher eine Milliardenanleihe begeben. Ohne eine RückzahlungsGarantie anderer Geldhäuser in Europa und Übersee sind dafür aber offensichtlich nur schwer Investoren zu begeistern. Angeblich sind mittlerweile acht Bürgen aus der Branche gefunden, die den Italienern den Weg zu den Anlegern ebnen sollen.
Das ist ein Teil des Rettungsplans. Die EZB nickte zudem gestern die Absicht der Bank ab, faule Kredite zu verkaufen. Dies verlautete aus dem Umfeld der Zentralbank. Geplant sei der Verkauf eines Pakets im Volumen von rund zehn Milliarden Euro, hieß es.