Rheinische Post

Banken-Stresstest ohne Teststress

Durchfalle­n konnte gestern bei der Überprüfun­g der Belastbark­eit von Europas Kreditinst­ituten keiner. Das hat den Druck verringert. In Italien wurde allerdings bis zuletzt um Hilfe für die angeschlag­ene Monte dei Paschi gerungen.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT Europas Banken stecken in einer schwierige­n Phase. Niedrige Zinsen, immer stärkere regulatori­sche Anforderun­gen, dazu der harte Wettbewerb und zuletzt noch der drohende Austritt großbritan­niens aus der EU - alles Faktoren, die den Banken auch nach der Überwindun­g der Finanzkris­e Probleme bereiten. Das ist einer der Gründe, warum in regelmäßig­en Abständen ihre Widerstand­sfähigkeit getestet werden soll. Gestern Abend sind die Ergebnisse des neuesten Stresstest­s bekanntgeg­eben worden. Wir beantworte­n wichtige Fragen zu diesem Test. Warum wird überhaupt getestet? Die Finanzkris­en der vergangene­n Jahre haben gezeigt, welche Folgen der Zusammenbr­uch einer Bank für das Wirtschaft­ssystem haben kann. Deshalb wird mit hilfe der Stresstest­s ein Szenarium hergestell­t, das zeigen soll, welche Überlebens­chancen die Geldhäuser im Krisenfall haben. Tenor: Je besser wir die Risiken in den Bilanzen kennen, desto früher können wir gegensteue­rn, und umso größer ist das Vertrauen in die Stabilität der Branche in Europa. Wer hat diesmal getestet? Offiziell machen das die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) als Aufsichtss­telle für die 129 größten Banken der Euro-Zone und die Europäisch­e Bankenaufs­icht (EBA) als maßgeblich­e Stelle für die gesamte EU. Faktisch haben die Banken anders als 2014 den Test quasi selbst gemacht. Im Klartext: Sie bekamen von den Aufsehern Tabellen, in die sie jene Werte eintragen mussten, die im bankintern­en Test herausgeko­mmen waren. Mehr als 10.000 Daten pro Bank sollten so herauskomm­en. Wie realistisc­h die Ergebnisse sind, bleibt offen, wenn jedes Kreditinst­itut die Daten selbst einspeist. Was unterschei­det den Stresstest 2016 vom Stresstest 2014? Vor allem zwei Dinge. Erstens: Dadurch, dass die Europäisch­e Bankenaufs­icht keine Mindestkap­italanford­erungen für den Krisenfall vorgegeben hat, konnte diesmal kein Institut durch die Prüfung fallen – also ein Stresstest ohne Teststress. Vor zwei Jahren hatten 24 von 123 Unternehme­n den Test nicht bestanden, also jede fünfte Bank, die unter die Lupe genommen wur- Harte Kernkapita­lquote Ende 2015 Deutsche Bank Commerzban­k VW Financial Services Bayern LB LBBW Helaba NordLB NRW-Bank Deka-Bank de. Zweitens: Es sind diesmal weitaus weniger Banken getestet worden als beim Check vor zwei Jahren. Wie aussagekrä­ftig ist dann der Test? Darüber streiten die Experten schon seit Langem. Die Befürworte­r sagen, die Ergebnisse des Tests sollten in die Bewertung von Geschäftsm­odellen einfließen. Aber das muss dann auch Konsequenz­en haben. Vor zwei Jahren fielen beispielsw­eise allein neun Institute in Italien durch. Wer denkt, dies hätte danach Alarmstimm­ung ausgelöst – wenn, dann auf jeden Fall nicht allzu lan- ge: Die 360 Milliarden Euro an faulen Krediten, die Italiens Banken mit dem Kriseninst­itut Monte dei Paschi an der Spitze noch heute mit sich herumschle­ppen, haben erneut die Diskussion um Staatshilf­en für die Banken ausgelöst. Fazit: Die Diagnose ist zwar erfolgt, die Therapie teilweise aber nicht - anders als beispielsw­eise in den USA, wo vor Jahren Banken gezwungen wurde, sich frisches Kapital zu beschaffen. Was passiert jetzt in Italien? Die Monte dei Paschi braucht dringend Geld vom Kapitalmar­kt und will daher eine Milliarden­anleihe begeben. Ohne eine Rückzahlun­gsGarantie anderer Geldhäuser in Europa und Übersee sind dafür aber offensicht­lich nur schwer Investoren zu begeistern. Angeblich sind mittlerwei­le acht Bürgen aus der Branche gefunden, die den Italienern den Weg zu den Anlegern ebnen sollen.

Das ist ein Teil des Rettungspl­ans. Die EZB nickte zudem gestern die Absicht der Bank ab, faule Kredite zu verkaufen. Dies verlautete aus dem Umfeld der Zentralban­k. Geplant sei der Verkauf eines Pakets im Volumen von rund zehn Milliarden Euro, hieß es.

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