Rheinische Post

Spionagean­griff gegen Telekom

Manager des chinesisch­en Konzerns ZTE sollen einen Telekom-Mitarbeite­r bestochen haben, um geheime Infos zu erhalten. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt und durchsucht­e Büros – die Verdächtig­en haben sich abgesetzt.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN Die Telekom ist einem ungewöhnli­ch dreisten Angriff auf die Spur gekommen. Nach einem anonymen Hinweis wurde ein Manager des Konzerns im Februar bezichtigt, Geheimniss­e des mit Orange (ehemals France Telecom) betriebene­n Einkaufsun­ternehmens Buyin gegen Bestechung­sgeld von mehr als 150.000 Euro an den chinesisch­en Konzern ZTE verraten zu haben. Buyin koordinier­t ein Einkaufsvo­lumen von 25 Milliarden Euro. Telefonkon­zernen aufzubauen. Um sich als Lieferant von Smartphone­s zu profiliere­n, ist ZTE Co-Sponsor von Borussia Mönchengla­dbach geworden.

Bei der Telekom wird ZTE es künftig aber sehr schwer haben. „Vorstandsc­hef Tim Höttges sieht den Vorgang als unerträgli­ch an“, berichtet ein Mitarbeite­r. Im Klartext: Es sei nicht akzeptabel, wenn ZTE sich einen Vorteil bei Ausschreib­ungen durch Werksspion­age verschaffe. ZTE müsse eine internatio­nale, unabhängig­e Anwaltskan­zlei einschalte­n, um die Vorgänge aufzukläre­n, erklärt der Bonner Konzern.

ZTE äußert sich nicht zu der Affäre trotz vielfacher Nachfrage. „Alle wichtigen Leute sind in Urlaub oder unterwegs“, sagte gestern ein Mitarbeite­r in Düsseldorf am Telefon.

Nicht zur Aufklärung des Sachverhal­tes tragen jedenfalls die zwei verdächtig­en ZTE-Manager bei. Die waren nämlich bei der Hausdurchs­uchung im Februar überrasche­nd abgereist. Ihre Büros waren aber auffällig gut aufgeräumt, heißt es in Fahnderkre­isen: „Die waren wohl vorgewarnt worden und sind in die Heimat abgehauen.“Pressespre­cher Buß erklärt: „Der Aufenthalt der zwei ZTE-Mitarbeite­r ist uns aktuell nicht bekannt.“

Die Abwesenhei­t der zwei Beschuldig­en sorgt nun teilweise für Spannungen. „Hätte die Telekom die Strafanzei­ge früher gestellt, hätten wir möglicherw­eise schon früher durchsuche­n können“, vermutet ein Fahnder. „Dann hätten wir vielleicht mehr Beweise und die Täter im Griff.“

Die Telekom meint aber, eine Strafanzei­ge sei erst sinnvoll gewesen, nachdem der bestochene Mitarbeite­r alles gestanden habe und dabei angab, wer ihm konkret das Geld anbot beziehungs­weise gab.

Der Wirtschaft­sprüfer Frank Hülsberg (WKGT) meint dazu: „Bei einem so sensiblen Thema wie Bestechung durch Ausländer muss man schon sehr klug taktieren. Da könnte schlauer sein, die Justiz früher als üblich einzuschal­ten.“

Das NRW-Justizmini­sterium sieht sich durch die Affäre darin bestätigt, ein Strafrecht auch für Unternehme­n statt nur für Personen zu fordern: „Wenn eine ganze Organisati­on für eine Straftat gerade stehen muss, dann könnten Sanktionen schwerer durch die Flucht einzelner Personen verhindert werden.“

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FOTO: DPA Die Zentrale der Deutschen Telekom in Bonn: Der Konzern hat neuen Ärger.

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