Rheinische Post

Kunst zwischen Dünen und Gärten

Neues Museum für die Niederland­e: Das „Voorlinden“auf einem alten Landgut bei Den Haag zeigt moderne Kunst zwischen Dünen und Gärten.

- VON ANNETTE BIRSCHEL

DEN HAAG (dpa) Große und kleine Töpfe hängen an der weißen Wand – wie alte Autofelgen. Die Kochgeräte der saudischen Armee stellte die arabische Künstlerin Maha Mullah zum Kunstwerk zusammen. Vor einer Glaswand links daneben ranken bunt und wild Gräser und Wiesenblum­en. Was ist Kunst, und was ist Natur? Das ist die Frage, die das neueste Museum der Niederland­e spielerisc­h stellt.

Der Rotterdame­r Industriel­le Joop van Caldenborg­h errichtete das „Museum Voorlinden“, das König Willem-Alexander am Samstag eröffnen wird, für seine Sammlung zeitgenöss­ischer Kunst. Auf einem über 200 Jahre alten Landgut in Wassenaar bei Den Haag präsentier­t es sich mit Nachdruck als: „Museum und Gärten“.

Der Pavillon aus hellem Naturstein fügt sich sanft in die Dünenlands­chaft ein, durch die Besucher spazieren oder radeln können – bis zur Nordsee. Umgeben ist das Museum von hohen alten Bäumen und den Gärten, wundervoll angelegt vom niederländ­ischen Landschaft­sarchitekt­en Piet Oudolf.

Das niederländ­ische Architekte­nbüro Kraaijvang­er entwarf den Pavillon mit großen Glaswänden. „Er dient ganz der Kunst“, sagt Museums-Direktor Wim Pijbes. Ein größerer Kontrast zu seiner früheren Wirkungsst­ätte ist kaum denkbar. Pijbes hatte im Frühjahr überrasche­nd auf eigenen Wunsch das ehrwürdige Amsterdame­r Reichsmuse­um mit seinen alten holländisc­hen Meistern verlassen. „Wir erleben zur Zeit weltweit einen Museums-Boom“, sagt er. „Es ist ein großer Hunger nach Kunst.“

Und den wollen er und Initiator Joop van Caldenborg­h stillen. Die- Wassenaar Schevening­en Den Haag ser hätte seine umfangreic­he Sammlung auch in einem bestehende­n Museum unterbring­en können. „Doch dann wäre meine Sammlung irgendwo im Keller gelandet. Und ich will, dass alle sie sehen können.“

In einer ersten Auswahl zeigt er abstrakte, aber auch figurative Werke von Pyke Koch bis Andy Warhol, von Mondrian bis Ai Weiwei. Zu sehen sind ausgedrück­te Zigaretten­kippen von Damien Hirst, aber auch melancholi­sche Porträts der niederländ­ischen Fotografin Rineke Dijkstra.

In „Voorlinden“kann und soll man Kunst sinnlich erleben: Da ist der Stahlkolos­s „Open Ended“des Amerikaner­s Richard Serra – eine Skulptur, durch die man hindurchla­ufen kann. Oder das verräteris­ch echte Schwimmbad des Argentinie­rs Leandro Erlich. Von oben schaut man auf die Besucher, die unter dem Pool laufen. Ein Riesenspaß nicht nur für Kinder. Vor allem aber lädt „Voorlinden“zum Schauen ein. Daher wählte es auch die Werke von Ellsworth Kelly für seine erste Wechsel-Ausstellun­g. „Boem- lezing“(Blumenlese) ist eine tiefe Verbeugung vor dem US-amerikanis­chen Maler, der 2015 starb.

In den strahlend weißen Sälen lenkt nichts von der Kunst ab – noch nicht einmal Schilder für die Notausgäng­e. „Die gibt es natürlich“, sagt van Caldenborg­h. Aber sie sind unter dem Putz verborgen und leuchten nur im Notfall auf. Das Licht fällt durch 115.000 schräg abgeschnit­tene Röhren auf dem Dach in die Säle. Nur an dunklen Tagen geben LED-Lampen im Dach indirekt Licht.

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FOTO: DPA Der Pavillon aus hellem Naturstein fügt sich in die Dünenlands­chaft ein, die Gärten gestaltete der Landschaft­sarchitekt Piet Oudolf.

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