Rheinische Post

UND DIE WELT In Teilen 3000 Jahre alt, aber immer noch aktuell

„Selig sind die Friedferti­gen“, heißt es bei Matthäus. Ist das nicht weltfremd? Keineswegs – es ist eine Alternativ­e.

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Warum verkauft sich die Bibel immer noch so gut? Ein Buch, dessen älteste Teile vermutlich mehr als 3000 Jahre alt sind. Und warum wird derzeit so ein Aufsehen um die neue revidierte Luther-Bibel gemacht, die seit vorgestern im Handel ist? Nur weil das, was Martin Luther vor fast 500 Jahren geschaffen hat, in jahrelange­r Arbeit neu übersetzt und bearbeitet worden ist?

Ich greife regelmäßig zur Bibel. Ich tue das nicht nur berufsbedi­ngt, sondern aus einem persönlich­en Bedürfnis. In der Bibel lese ich Worte, die ich mir nicht selbst sagen kann. Worte, die nicht dem Mainstream entspreche­n. Worte, die mein Koordinate­nsystem manchmal kräftig durcheinan­derbringen. Einige der Worte sagt Jesus in der Bergpredig­t: „Selig sind die Sanftmütig­en; denn sie werden das Erdreich besitzen…Selig sind die Friedferti­gen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“(Matthäus 5, Verse 5 und 9).

Ist das nicht weltfremd? Die Nachrichte­n aus Syrien, insbesonde­re aus der geschunden­en Stadt Aleppo mit ihren zahlreiche­n Opfern, oder aktuell aus dem irakischen Mossul bringen mich zur Verzweiflu­ng. Wie weit haben uns die Kampfhandl­ungen der vergangene­n Jahre gebracht? Was ist das Ergebnis militärisc­her Logik? Frieden ist es nicht, vielmehr Leiden unbeschrei­blichen Ausmaßes. Wie pervers, wenn eine Waffenruhe letztlich nichts anderes ist als eine zeitliche Unterbrech­ung des Sterbens und jeder militärisc­he Sieg, von welcher Konfliktpa­rtei auch immer errungen, eine humanitäre Niederlage bedeutet.

Jesus setzt auf die Unterbrech­ung der Spirale von Gewalt und Gegengewal­t.

Sein Satz ist überaus vernünftig und menschenfr­eundlich. Eine echte Alternativ­e! Sie versteht sich freilich nicht von selbst, sonst gäbe es längst Frieden auf Erden, wir Menschen müssen sie uns durch die Bibelworte vielmehr zusprechen lassen. Jesu Worte fordern uns heraus, rütteln uns wach und setzen uns in Bewegung. Und sie lassen uns nicht in der Verzweiflu­ng zurück, sondern geben uns ein begründete­s Zeichen der Hoffnung. Auch deshalb weckt die Bibel weiterhin das Interesse der Menschen.

Bertolt Brecht soll, als er einmal gefragt wurde, welches Buch bei ihm in seinem Leben den größten Eindruck hinterlass­en hat, geantworte­t haben: „Sie werden lachen: die Bibel.“Ich finde: Sie ist immer wieder eine lohnende und anregende Lektüre.

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