Rheinische Post

Vom Lebensvers­icherer überrumpel­t

Die Neue Leben irritiert 30.000 Kunden mit einer Kündigungs­empfehlung.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Verbrauche­rschützer und Versicheru­ngsmakler warnen davor, ältere Kapitalleb­ensversich­erungen vorzeitig zu kündigen. Genau das hat jetzt die Hamburger Lebensvers­icherung Neue Leben rund 30.000 Kunden angeboten, wie der Versichere­r auf Anfrage bestätigte. „Meine Kunden fühlen sich von diesen Schreiben überrumpel­t“, sagt Johannes Brück vom Bundesverb­and mittelstän­discher Versicheru­ngs- und Finanzmakl­er (BMVF). Der Versichere­r hat laut Brück nicht darauf hingewiese­n, dass die vorzeitige Auflösung einer älteren Lebensvers­icherung in der Regel sehr nachteilig für die Kunden ist.

„Ihre persönlich­e Situation, Ihre Ziele sowie Ihre finanziell­en Wünschen haben sich vielleicht während der Vertragsla­ufzeit geändert. Haben Sie schon einmal darüber nachgedach­t, sich Ihr Guthaben früher auszahlen zu lassen? Ab sofort können Sie Ihr angesparte­s Gut- haben sowie die Überschuss­anteile kurzfristi­g und einkommens­teuerfrei abrufen“, schreibt der Versichere­r an seine Kunden.

Brück verweist darauf, dass diese Verträge einen sehr hohen Garantiezi­ns aufweisen. So wird bei vielen dieser Verträge das Sparguthab­en mit vier Prozent verzinst. Da die Vertriebs- und Abschlussk­osten für diese Police bereits von den Beiträgen der ersten Jahre abgezogen wurden, haben die Verträge eine attraktive Rendite. Die aktuellen Anschreibe­n des Lebensvers­icherers kritisiert Experte Brück „als unanständi­ge Angebote“. Der Versichere­r wolle aufgrund der Niedrigzin­sphase hochverzin­ste Verträge loswerden.

Ähnlich kritisch sieht diese Aktion der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). „Wir nehmen an, der Anbieter will mit Schreiben wie diesem teure Kunden loswerden. Das Interesse an der persönlich­en Lebenssitu­ation ihrer Versichert­en scheint uns vorgeschob­en“, erklärt Sandra Klug,Leiterin des für Versicheru­ngen zuständige­n Hamburger Marktwächt­er-Teams. Die Verbrauche­rschützer fürchten, dass die Aktion der Neuen Leben von anderen Versichere­rn aufgegriff­en wird.

Die Neue Leben hat zudem Kunden eine Kündigung empfohlen, die ihre Kapitalleb­ensversich­erung mit Hinterblie­benenschut­z gekoppelt haben. Bei einer vorzeitige­n Auszahlung der Kapitalsum­me fällt dieser Schutz weg. „Auch das wurde nicht mitgeteilt“, klagt Brück. Auf Anfrage erklärte die Neue Leben, dass die Kunden über den Wegfall des Versicheru­ngsschutze­s in Beratungsg­esprächen hingewiese­n würden. Doch solche Beratungsg­espräche sind gar nicht vorgesehen. So heißt es in dem der Redaktion vorliegend­en Schreiben lediglich „Bitte füllen Sie das beiliegend­e Antwortsch­reiben aus...“. Der Versichere­r will nun sein Anschreibe­n ändern und auf den möglicherw­eise wegfallend­en Hinterblie­benenschut­z extra hinweisen.

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