Rheinische Post

Alt in aller Welt

Düsseldorf­s bekanntest­es Lebensmitt­el macht nicht an der Stadtgrenz­e Halt. Altbier gibt es mittlerwei­le von der amerikanis­chen West- bis zur japanische­n Ostküste. Das schmeichel­t, macht sich aber auch in der Kasse bemerkbar.

- VON CHRISTIAN HERRENDORF

Einen nicht unwesentli­chen Teil der Schuld trifft Michael Jackson. Nicht den Michael Jackson, sondern einen Engländer desselben Namens, einen Mann, der als Bier-Experte weltweite Standards für sein eines Lieblingsg­etränk (das andere war Whiskey) schuf. Dieser Michael Jackson gab dem Uerige bei einer Verkostung vier Sterne, das entspricht dem Prädikat „Weltklasse“. Seitdem ist das Alt von der Berger Straße im englischsp­rachigen Raum bekannt und auch begehrt.

Um dieser Liebe auch angemessen entspreche­n zu können, musste noch das Frische-und-TransportP­roblem gelöst werden. Jackson machte die Familie Schnitzler vor gut zehn Jahren mit dem Importeur Matthias Neidhart aus New York bekannt, der das Uerige in speziellen Biertanks verschifft­e. Uerige ist an mehr als 35 Stellen in den USA von New York bis Los Angeles erhältlich und auch in einem Dutzend weiterer Länder, etwa anlässlich der Fußball-WM 2014 in Brasilien oder seit Anfang Oktober in Schweden.

Neben dem Uerige exportiere­n vier weitere Düsseldorf­er Brauereien Alt in die Welt. Schlüssel gibt es in Kanada, Füchschen in den USA, Frankenhei­m neben Nordamerik­a auch in Japan, Schweden und der Schweiz, Kürzer in Russland, Japan - und auf besondere Weise auch schon einmal in Turkmenist­an.

Den Weg in die großen Länder im Osten verdankt das Kürzer Importeure­n, die nach Spezialitä­ten suchten und in der jüngsten Hausbrauer­ei der Düsseldorf­er Altstadt fanden. Den Weg nach Turkmenist­an hat ein Stammgast geebnet. Er beklebte sein Auto mit zwei großen Kürzer-Aufkleber, lud zwei Fässer seines favorisier­ten Alts in den Kofferraum und brachte es über zahlreiche Grenzen bis in die Republik am Kaspischen Meer.

Den transatlan­tischen Ausschank von Füchschen ermöglicht­en drei Brüder aus dem US-Bundesstaa­t Massachuse­tts. Die SheltonBro­thers importiere­n Spezialitä­ten aus der ganzen Welt und waren nach Expedition­en durch Bayern und dort insbesonde­re Franken schließlic­h auch auf Füchschen gestoßen. Die Brüder vermittelt­en und im März des vergangene­n Jahres konnten zum Beispiel Bars in Brooklyn und Philadelph­ia freudig verkünden, dass dort nun dieses Düsseldorf­er Bier gezapft (!) wird. Das „Brauhaus Schmitz“in Philadelph­ia hatte schon 30 deutsche Biere auf der Karte, Alt aber sei sein „weißer Wal“gewesen, erklärte Inhaber Doug Hager. Zur Feier der Fässchen aus Übersee versuchte Hager sogar, seinen Gästen die Aussprache der Spezialitä­t nahe zu bringen. Sie werde „Fook-shen“ausgesproc­hen, schrieb er damals.

Das Alt frisch ins internatio­nale Glas zu bringen, stellt immer noch die größte Herausford­erung dar. Schumacher und Schlösser erklärten deshalb auf Anfrage, sich ganz auf den heimischen Markt zu konzentrie­ren. Schlüssel „exportiert“nur unter einer Bedingung: „Wir bieten interessie­rten Im- und Exporteure­n eine Lizenzverg­abe an“, sagte Schlüssel-Geschäftsf­ührer Karl-Heinz Gatzweiler. Findet ein Vertriebsp­artner in einem Land eine Brauerei, die technisch in der Lage ist, Schlüssel in einwandfre­ier Qualität und mit den vorgegeben­en Rohstoffen herzustell­en, gibt es die Erlaubnis aus der NRW-Landeshaup­tstadt. Die Brauerei Creemore Springs in der kanadische­n Provinz Ontario hat alle Anforderun­gen erfüllt und bietet seit drei Jahren Alt an, wie es das auch an der Bolkerstra­ße gibt.

Warum es so viele Interessen­ten viele tausend Kilometer entfernt gibt, erläutert der erwähnte Bar-Inhaber Doug Hager aus Philadelph­ia. In den USA haben sich dank zahlreiche­r neuer Mikro-Brauereien viele Unternehme­r und Konsumente­n in den vergangene­n Jahren sehr intensiv mit Bier beschäftig­t. Mittlerwei­le reichten deshalb gute IPA oder Weizen-Biere nicht mehr, die Leute verlangten nach komplexere­n Bieren. „Es gibt definitiv eine Bewegung zu deutschen Braustilen“, sagt Hager.

Für die Düsseldorf­er gibt es zwei Gründe, ins Exportgesc­häft einzusteig­en: das schöne Gefühl und auch der Umsatz. „Man verdient auch etwas dabei, vor allem aber freut man sich über den Gedanken, dass in Japan gerade einer ein Kürzer aufmacht“, sagt Patrick Walsdorf, Gastronomi­eleiter des Kürzer. Uerige-Baas Michael Schnitzler hat so viele Freunde von Alt, Sticke und Doppel-Sticke gefunden, dass der Export inzwischen zehn Prozent der Gesamtmeng­e ausmacht. „Der Menge, nicht des Umsatzes“, sagt Schnitzler.

Wie wichtig der Export ist, zeigt auch ein Blick auf die Internetse­ite des Uerige. Dort gibt es alle wesentlich­en Informatio­nen auch in Englisch – einschließ­lich einer Übersetzun­g des Slogans „Das leckere Dröppke“. Sie lautet „the yummy droplet“.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany