Rheinische Post

Von Köln lernen, glücklich zu sein

Die Bewohner der Domstadt sind neuerdings glückliche­r als die Düsseldorf­er – behauptet zumindest der Glücksatla­s. Vielleicht, weil sie das größere Talent zu Lebensküns­tlern haben.

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Als die Deutsche Post vor ein paar Tagen ihren Glücksatla­s 2016 vorstellte, gab es zwei große Überraschu­ngen: Am glücklichs­ten sind die Menschen im Land des Gegenwinds – Schleswig-Holstein. Und die Kölner sind zufriedene­r als die Düsseldorf­er. Letzteres ist vor allem deshalb bemerkensw­ert, weil sich das binnen eines Jahres umgedreht hat – 2015 fühlten sich die Düsseldorf­er wohler als die Nachbarn 50 Kilometer südlich.

Nun könnte man das sehr bequem dem Rathaus-Chef in die Schuhe schieben, weil er der Stadt eine Menge kurioser Dinge beschert: Er streitet sich mit dem Sparkassen-Chef um Geld, er deutet an, man könnte das Schauspiel­haus abreißen und neu bauen, und er wird wohl demnächst zugeben müssen, nicht genug Sponsoren für den Start der Tour de France in Düsseldorf zu haben, ergo selbst zahlen zu müssen. Eine solche Ballung unerfreuli­cher Nachrichte­n kann selbst einem von Natur aus optimistis­chen Menschen wie dem Düsseldorf­er die Petersilie verhageln.

Womöglich würde dieser Stimmungsn­iedergang zwischen Garath und Wittlaer auch die gute Laune rund um den Dom erklären: Dort hat man natürlich bemerkt, dass die vermeintli­ch reiche und allseits begehrte Nachbarsta­dt rheinabwär­ts inzwischen ebenfalls ihre Probleme hat und freut sich darüber wie Bolle, was das Stimmungsb­arometer fast so stark nach oben treibt wie der neue Karnevalss­chlager, der „Alaaf you“oder so ähnlich heißt. Irgendwie nachvollzi­ehbar, oder? Über Jahre werden die arroganten Pinsel von der Kö überall als Vorbild dargestell­t, bei ihnen stürzt nix ein, Bau- vorhaben werden pünktlich fertig (und funktionie­ren), selbst Wahlzettel drucken sie auf Anhieb korrekt, während bei den Kölschtrin­kern nicht nur der letzte Tropfen, son- dern auch sonst ne Menge immer wieder in die Hose geht. Wenn sich nun das Blatt wendet, kann man doch verstehen, wie das dem bisherigen Underdog runter geht wie Fassbrause aus der Gaffelbrau­erei. So oder so – die Kölner zeigen einmal mehr, wie wenig es braucht, um sich als Sonnyboy zu fühlen.

Pannen bei der Wahl, Dauerbaust­elle beim Opernhaus, rechtsradi­kale Übergriffe – das alles packen sie locker weg, und dass der Begriff „Silvestern­acht“auf lange Zeit mit dem Zusatz „Kölner“zu einem Synonym für massenhaft­e Angriffe auf Frauen assoziiert wird, kann die Laune auf Dauer offenbar auch nicht trüben. Kein Wunder in einer Stadt, deren Hirn seit Jahren durch Lieder der Höhner und Paveier malträtier­t wird, in der die Jungfrau im jecken Dreigestir­n – aus welchen Gründen auch immer – ein Mann und der Chef der Karnevalis­ten im echten Leben Bestatter ist.

Ganz klar – der Kölner, derzeit ohnehin wie besoffen vom Erfolg seines FC, hat das größere Talent zum Lebensküns­tler. Damit darf er ruhig als Vorbild dienen. Immerhin gilt dort wie hier die Regel „Et hätt noch immer jot jejange“. Daran wird auch ein streit- und abrisswüti­ger Chef im Düsseldorf­er Rathaus mit seinem Faible für millionent­eure Fahrradtou­ren nichts ändern.

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FOTO: OLIVER BERG Das Stimmungsb­arometer in Köln zeigt nach oben. Die Nachbarn im Süden wissen, dass es wenig braucht, um sich als Sonnyboy zu fühlen.

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