Grüne kritisieren SPD-Programm
Der NRW-Umweltminister vermisst konkrete Pläne für Braunkohleausstieg und Elektroautos. SPD-Chefin Kraft schwört ihre Partei auf den Wahlkampf ein.
DÜSSELDORF Die Beschlüsse der NRW-SPD im Wahlprogramm zur Umweltpolitik haben scharfe Kritik des grünen Koalitionspartners ausgelöst. „In ihrem Programm blinkt die SPD ein bisschen grün, wenn man aber nach konkreten Umsetzungsvorschlägen sucht, wird es vor der Hacke ziemlich duster“, sagte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Es gebe keinen konkreten Ausstiegsfahrplan für die Braunkohle und auch kein Marktinstrument zur Einführung von Elektroautos, kritisierte der Vize-Spitzenkandidat der Grünen.
Die offene Kritik zeigt, dass die Fliehkräfte innerhalb der rot-grünen Koalition angesichts der bevorstehenden Wahl größer werden. Die sinkenden Umfragewerte setzen die Grünen unter Druck, ihr parteipolitisches Profil zu schärfen.
Anders als die Grünen legte die NRW-SPD dank des Schulz-Effekts zuletzt in Umfragen stark zu. Für eine rot-grüne Mehrheit würde es aber wegen der schwächelnden Grünen zurzeit nicht reichen.
Die NRW-SPD hatte gestern auf einem außerordentlichen Parteitag in Düsseldorf ihr Wahlprogramm verabschiedet und die NRW-Vorsitzende und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ohne Gegenstimme oder Enthaltung zum dritten Mal zur Spitzenkandidatin gekürt.
Das SPD-Wahlprogramm sieht unter anderem Wahlfreiheit für acht oder neun Jahre Gymnasium vor, ein weiterhin gebührenfreies Studium und eine beitragsfreie MeisterAusbildung, mehr Polizisten in der nächsten Wahlperiode, beitragsfreie Kitas innerhalb einer Kernzeit von 30 Stunden sowie landesweit einheitliche Kita-Gebühren für die darüber hinausgehende Betreuungszeit. Allein die Finanzierung der weitgehend beitragsfreien Kitas würde Experten zufolge über eine Milliarde Euro zusätzlich kosten.
Aus Sicht der FDP-Opposition ist das Programm kein guter Plan für NRW. „So zementiert die SPD das Land für Jahre weiter auf Abstiegsplätzen“, kritisierten die Liberalen in einer Mitteilung. In den Mittelpunkt ihrer Parteitagsrede hatte Kraft die Frage sozialer Gerechtigkeit gestellt. Mehr Chancen für Kinder und ihr Projekt „Kein Kind zurücklassen“blieben „Herzstück unserer Politik“, so Kraft. Dessen vollständige Wirkung ließe sich aber erst in einigen Jahren beurteilen.
Auf die innere Sicherheit ging Kraft nur kurz am Ende ihrer 45-minütigen Rede ein, auf den Fall Anis Amri gar nicht. Sicherheit, Bürgerrechte und Prävention gelte es in Einklang zu bringen, mahnte sie. Auch der politische Gegner kam in Krafts Rede kaum vor. Die Umfragen in NRW deuten auf eine große Koalition als eine Option hin. DÜSSELDORF CDU-Chefin Angela Merkel droht mehr Gegenwind aus den „Konservativen Kreisen“. Die bislang lokal organisierten internen Kritiker, die Merkels Kurs als Linksruck ablehnen, stellen sich bundesweit auf. Am Wochenende verabschiedeten rund 50 Vertreter aus fünf Bundesländern in Königswinter ein 30-Punkte-Positionspapier. Es soll die Gründung einer deutschlandweiten Plattform unter dem Arbeitstitel „Freiheitlich Konservativer Aufbruch“am 25. März in Schwetzingen vorbereiten.
Der renommierte „Berliner Kreis“um den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach will die Entwicklung unterstützen. „Der Berliner Kreis und die Konservativen Kreise in Deutschland rücken zusammen“, sagte die Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel unserer Redaktion. Pantel ist Mitglied des Berliner Kreises und nahm an dem Treffen in Königswinter teil. „Der Berliner Kreis hat die Konservativen Kreise zu einem Treffen am 8. April in Berlin eingeladen“, so Pantel. Bislang waren die „Konservativen Kreise“als überwiegend lose Zusammenschlüsse auf kommunaler Ebene ein parteiinternes Randphänomen. Ihre Mitgliederzahl ist unbekannt. Nur der Berliner Kreis, den Bosbach 2012 öffentlich vorstellte, gilt schon länger als ernsthafter Gegenpol zu Merkels Parteistrategie.
Das Konservative Manifest von Königswinter, das unserer Redaktion vorliegt, fordert unter anderem „die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands“, eine Ausschlussmöglichkeit europäischer Staaten aus der Währungsunion, eine „Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen“unter Einhaltung einer „europäisch-deutschen Leitkultur“und „einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen und der deutschen Grenzen sowie deutsche Grenzkontrollen im Falle verstärkter Zuwanderung“.
Die NRW-CDU hat unterdessen den Entwurf für ihr Wahlprogramm entschärft. Die korrigierte Fassung, auf die der Landesvorstand sich am Samstag einigen sollte, enthält keine konkreten Zahlen zu den zusätzlichen Kommissaranwärtern mehr, die die CDU bei der Polizei einstellen will. „Wir wollen nicht, dass RotGrün solche Zahlen in die Ministerien gibt, und ausrechnen lässt, was das alles kostet“, sagte ein an den Beratungen beteiligter Unionspolitiker.
Auch der Plan, ein Internet-Ministerium für NRW zu gründen, wurde gestrichen. „Wir können nicht gleichzeitig ein neues Ministerium und Bürokratieabbau fordern“, hieß es im Vorstand. Die Textversion lautet stattdessen: „Wir wollen für NRW unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände eine einheitliche Digitalisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung entwickeln.“Die elektronische Akte soll Behörden-Standard werden. Geblieben ist der Plan, auch Realschülern den Zugang zur Polizeilaufbahn zu ermöglichen. Der Eigenbesitz von Drogen soll restriktiver unter Strafe gestellt werden.