Mehr Tote auf NRW-Autobahnen
Zu hohes Tempo und Handynutzung steigern das Risiko. Im März wird geblitzt.
DÜSSELDORF Obwohl Autos immer bessere Sicherheitstechnik haben, ist die Zahl der Verkehrstoten in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen fünf Jahren kaum gesunken. 2012 gab es 528 Tote im Verkehr, vergangenes Jahr verloren 525 Menschen ihr Leben. Diese ernüchternde Bilanz hat NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) präsentiert.
Größtes Problem ist nach Angaben des Ministeriums, dass Fahrer auf den Autobahnen zu viel rasen, dass viele zu eng auffahren und dass Smartphones trotz Verbots massenhaft am Steuer genutzt werden. Als ein Ergebnis stieg die Zahl der Verkehrstoten auf Autobahnen 2016 gegenüber 2015 um ein Drittel auf 80; 2012 hatte es nur 55 Fälle gegeben. „Auf der Autobahn wird mit harten Bandagen gekämpft. Das zeigt die Statistik“, sagte Jäger. Daher soll es Ende März Radar-Sonderkontrollen der Autobahnen geben.
Der Minister plädiert dafür, dass die Nutzung von Smartphones am Steuer schärfer geahndet wird. Ein Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg sowie 60 Euro Bußgeld würden nicht reichen, um Fehlverhalten zu verhindern. Deshalb schweben Jäger höhere Geldbußen speziell für Gutverdiener vor.
2016 wurde in NRW 164.000-mal ein Bußgeld wegen Nutzung eines Handys im Auto verhängt. Wie gefährlich die Nutzung ohne Freisprecheinrichtung oder Headset ist, zeigt diese Zahl: Ist ein Fahrer zwei Sekunden abgelenkt, fehlen bei einem Tempo von 50 km/h 30 Meter zum Bremsen, wenn zum Beispiel ein Kind auf die Straße läuft.
2016 wurden 104 Fußgänger getötet – 20 weniger als im Jahr davor. Die Zahl der getöteten Fahrradfahrer blieb mit 69 praktisch konstant. 22.000 Radfahrer kassierten ein Knöllchen in Höhe von 25 Euro wegen Smartphone-Nutzung.
Mindestens jeden dritten Verkehrstoten führt das Land auf zu hohes Tempo zurück. Die Gewerkschaft der Polizei forderte, Kontrollanlagen für ganze Autobahnstrecken sowie mehr neuartige Radaranlagen auf Anhängern aufzubauen.
„Auf den Autobahnen wird mit harten Bandagen gekämpft“ Ralf Jäger (SPD) NRW-Innenminister
Innenminister Jäger und die Polizeigewerkschaft GdP haben recht: Wir brauchen konsequentere Kontrollen gegen zu schnelles Fahren auf Autobahnen und gegen zu enges Auffahren. NRW sollte also ähnlich wie die Niederlande problematische Strecken praktisch automatisch überwachen. Es sollten auch halbstationäre Radarfallen häufiger eingesetzt werden: Bei einem Projekt auf der A 3 in einer Baustelle bei Mettmann wurden zehntausende Temposünder erwischt, als eine kleine Radarfalle auf einem Anhänger aufgestellt wurde. Nun werden zwei weitere Anlagen von der Polizei in NRW ausprobiert. Es sollten mehr werden: Wenn moderne Technik schon erlaubt, solche Geräte für relativ wenig Geld und ohne Personaleinsatz aufzustellen, sollten sie zur Abschreckung häufiger genutzt werden.
Auch wir Bürger sollten Technik für die Sicherheit nutzen: Wenn 2016 in NRW 164.000 Fahrer erwischt wurden, weil sie ein Handy ohne Freisprecheinrichtung oder Headset nutzten, zeigt dies eine gewisse Ignoranz: Nur rund 50 Euro kostet ein per Funktechnik Bluetooth betriebenes Headset. Die Tonqualität ist exzellent, wählen per Sprachbefehl ist möglich. Zu teuer? Ein „Knöllchen“kostet 60 Euro, ein Unfall kann Menschenleben kosten – auch unser eigenes. BERICHT MEHR TOTE AUF NRW-AUTOBAHNEN, TITELSEITE