Stefano Bircher, 25
Für den Polizisten war Rosenmontag zwar ein Arbeitstag – aber einer, der Spaß machte. Denn der Monheimer ist selbst ein Jeck. Auch seine Kollegen sind zufrieden: Der Großeinsatz lief weitgehend störungsfrei.
Wenn einer im Vorbeigehen sagt „Dolles Kostüm“, dann hört Stefano Bircher gar nicht hin. Schon beim Einsatz an Altweiber hat er aufgehört, den vermeintlich originellen Kommentar zu seiner Uniform zu zählen. Dabei ist der nicht einmal der nervigste. „Noch blöder ist nur die Frage ,Sind Sie echt?’“, sagt der Polizist, der gestern an der Königsallee / Ecke Steinstraße den Zugweg sicherte. Um die 20 Mal hat er auch die Dienstmütze schon verteidigen müssen, natürlich mit Erfolg, sagt er. Dann sammelt er die Kamelle auf, die vor der Absperrung gelandet sind, und gibt sie an die Kinder hinter dem Gitter weiter. Karneval macht Spaß, sagt er. Sogar im Dienst.
Dabei sieht es am Morgen so gar nicht nach Spaß aus, eher nachdenklich überqueren die Zoch-Zuschauer die Berliner Allee. Da, wo früher ein „Durchfahrt verboten“Schild stand und bestenfalls zwei Polizisten vom Verkehrsdienst darauf achteten, dass kein ahnungsloser Autofahrer versehentlich den Zugweg kreuzt, erinnern Barrieren aus massiven Stahlcontainern daran, dass wir in unsicherer Zeit leben. In den bunt kostümierten Gruppen, die vom Bahnhof zur Königsallee ziehen, fallen ganz selbstverständlich Worte wie „Lkw-Sperren“und „Terror-Abwehr“. Die Polizisten, die mit Maschinenpistolen bewaffnet an diesen Barrikaden stehen, fragt keiner, ob sie echt sind.
Eine paar Meter weiter ist die Nachdenklichkeit vergessen. Die Bierbuden haben geöffnet, vor den Foodtrucks drängeln sich noch kleine Menschenschlangen, und die Besucher haben nur noch ein Interesse: sich möglichst weit vorn am Absperrgitter einen guten Platz zum Schunkeln zu sichern. Da ist Stefano Bircher mit seinen Kollegen auch schon im Einsatz und hat ein Auge drauf, dass sich keiner daneben benimmt. In den vergangenen Jahren hat sich die Ecke Königsallee / Steinstraße regelmäßig zum Treffpunkt für ein paar Randalierer entwickelt. Nun leuchten schon von Weitem sichtbar so viele Polizeiwesten in gelb, dass die Störer sich womöglich gar nicht erst herantrauen. Die Beamten in den dunklen Overals, die sich hinter den Absperrungen aufhalten, sehen sie erst, wenn’s nötig wird – eine Schlägerei an der Kö-Galerie beenden die Bereitschaftspolizisten, lange bevor sie eskalieren kann.
„Niedrige Einschreitschwelle“heißt es im Einsatzbefehl des Leitenden Polizeidirektors Dietmar Henning, der bei seiner Premiere als Einsatzleiter das größte Aufgebot befehligt, das es je am Düsseldorfer Rosenmontag gab. Konkrete Zahlen will man nicht nennen, voriges Jahr standen beim – abgesagten – Zoch 1400 Polizisten bereit, 500 mehr als noch 2015. Jetzt liege man noch mal „deutlich höher“, heißt es. Und das macht sich bemerkbar. Die Einsatzzahlen liegen bei Zugschluss unter denen von 2015. Da waren schon am Vormittag die ersten alkoholisierten Randalierer in Gewahrsam genommen worden, wo am Ende 14 Personen saßen. Gestern verbrachten nur sieben Störer den Tag in einer Polizeizelle, und auch die Zahl der Platzverweise war mit 24 nur halb so hoch wie 2015. Nur die Zahl der Falschparker, deren Autos aus dem Zugweg abgeschleppt werden mussten, lag um mehr als das Vierfache höher als in den vergangenen Jahren – geschuldet ganz offensichtlich der neuen Streckenführung, von der wohl nicht alle Düsseldorfer gehört hatten.
Der nach Zugschluss einsetzende Regen und der zunehmende Wind lässt die Beamten hoffen, dass die vorläufige Bilanz sich nicht über Nacht noch drastisch ändern wird. Und Stefano Bircher kann vielleicht auch noch ein bisschen privat Karneval feiern. Das hat er zwischen den Großeinsätzen Altweiber und gestern auch getan. Mit seinem Verein „Team Sexy“ist er am Freitag im Hitorfer Karnevalszug mitgelaufen, zum Motto „Make Hitdorf sexy again“als Donald Trump verkleidet. Das war ein dolles Kostüm.