Rheinische Post

IN NRW Der Landtag hat zu viele Abgeordnet­e

237 Frauen und Männer sitzen derzeit im Landtag. Das sind 56 mehr als eigentlich vorgesehen. Um das zu ändern, braucht es Mut. Wird das neue Parlament diesen Mut aufbringen?

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In dieser Woche kommt der Landtag zu seinen letzten Beratungen zusammen. Am Freitag wird die 143. und abschließe­nde Sitzung in dieser 16. Legislatur­periode stattfinde­n, die mit der Wahl 2012 begonnen hat. Traditione­ll wird am Ende wieder viel gezählt werden: Wie viele Reden sind gehalten worden, wie viele Drucksache­n gab es, wie viele Kleine Anfragen wurden an die Landesregi­erung gerichtet, und wie viele Gesetze wurden verabschie­det?

Man kann aber der Meinung sein, dass der Ausstoß von Gesetzen keineswegs ein Gradmesser für den „Fleiß“eines Parlaments ist. Ließe es nicht aufhorchen, wenn statt des Outputs bilanziert würde, wie viele gesetzlich­e Regelungen eingestamp­ft worden sind? Alle sind gegen Überbürokr­atisierung, doch kaum neu gewählt, läuft die Gesetzgebu­ngsmaschin­e Landtag wieder auf Hochtouren. Das ist in anderen Ländern nicht anders. Wahrschein­lich ist es unrealisti­sch, hier eine grundsätzl­iche Umkehr zu erwarten. Positiv ist immerhin, dass viele Gesetze inzwischen eine Art „Verfallsda­tum“tragen, also eine Angabe, wann sie auf ihre weitere Notwendigk­eit hin zu überprüfen sind.

Wünschensw­ert wäre es auch, wenn im Landtag nur so viele Politiker säßen wie eigentlich vorgesehen. Das wären 181 Frauen und Männer. So hat es der Landtag vor Jahren festgelegt. 181 Parlamenta­rier sind nicht unangemess­en viel für das Bundesland mit der deutschlan­dweit stärksten Bevölkerun­g (18 Millionen Einwohner). 180 Abgeordnet­e sind es immerhin auch in Bayern (12,8 Millionen), mit dem NRW gern verglichen wird. Allerdings: Die Zahl 181 steht derzeit nur auf dem Papier. In Wirklichke­it sind es 237 Abgeordnet­e, also 56 mehr. Das liegt an dem Wahlrecht mit seinen Überhang- und Ausgleichs­mandaten. Bei der Wahl 2012 hatte die SPD 99 Direktmand­ate errungen – weitaus mehr, als ihr nach dem Ergebnis der Zweitstimm­en zustanden. Sie durfte diese Überhangma­ndate aber behalten; zum Ausgleich bekamen die übrigen Parteien Ausgleichs­mandate.

56 Abgeordnet­e mehr als vorgesehen – das bedeutete jeden Monat 56 Mal 11.000 Euro brutto an Abgeordnet­enbezügen. Macht 7,4 Millionen im Jahr und oder fast 37 Millionen Euro in der fünfjährig­en Legislatur­periode. Um das zu ändern, braucht es politische­n Mut zu einem Neuzuschni­tt der Wahlkreise. Hoffentlic­h bringt der neue Landtag diesen Mut auf. Das könnte für sein Ansehen nur von Vorteil sein. DÜSSELDORF (kib) Es handelt sich um ein zentrales Regierungs­verspreche­n der Ministerpr­äsidentin. „Kein Kind zurücklass­en“(Kekiz) ist ein Projekt, an dem sich inzwischen über 40 Kommunen in NRW beteiligen. Seit 2012 sollen dazu alle relevanten Behörden lückenlos zusammenar­beiten nach dem Motto: „Vorbeugen ist besser als heilen.“Es steckt die Idee dahinter, sich frühzeitig um sozial bedürftige Kinder zu kümmern, unter anderem, um Folgekoste­n für die Gesellscha­ft durch Arbeitslos­igkeit oder Drogenabhä­ngigkeit möglichst gering zu halten. SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz will Kekiz in das Bundeswahl­programm übernehmen.

Einer Studie des Projektpar­tners Bertelsman­n-Stiftung zufolge lässt sich bisher aber nicht klar belegen, dass diese Politik, so wie sie betrie- ben wird, zum Erfolg führt. Zwar gibt es in den Städten vielverspr­echende Ansätze. Doch das seien bisher punktuelle Erfolge. Im Bericht der Bertelsman­n-Stiftung heißt es denn auch: „Es besteht noch ein erhebliche­r Forschungs­bedarf.“Externe Faktoren wie Zuwanderun­g oder der demografis­che Wandel machten es schwer, die Effekte dieser Politik nachzuweis­en. Der Zeitraum von drei Jahren sei zu kurz. Zudem fehle es an Vergleichs­kommunen, um die Wirksamkei­t zu belegen. Weitere Schwächen sehen die Wissenscha­ftler in der zu geringen Verknüpfun­g mit anderen Förderprog­rammen: „Land und Kommunen werden weiter daran arbeiten müssen, um Prävention nicht im Blindflug zu betreiben.“Und auch gegen Kinderarmu­t konnte das Projekt bisher wenig ausrichten.

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