Rheinische Post

Die verwunsche­ne Villa Sohl

Die bekannte Industriel­len-Villa in Hubbelrath verfällt. Fotograf Jochen Wirtz erhielt nun Eintritt in den einstigen Prachtbau, der durch seine luxuriöse Ausstattun­g in den 1960er Jahren Aufsehen im ganzen Land erregte. Das Gebäude wartet auf seinen Abris

- VON ARNE LIEB

HUBBELRATH Als Hans-Günter Sohl (1906-1989) seine Villa fertiggest­ellt hatte, war sie sogar dem „Spiegel“einen Artikel wert – so prunkvoll war das Heim, das sich der Generaldir­ektor von Thyssen in Hubbelrath hatte bauen lassen. „Über dem Atombunker wird Sohl in einer Villa wohnen, die selbst der an großzügige Häuser gewöhnten Ruhr-Society Achtung abnötigt“, notierte das Magazin im Jahr 1962. Der Bau hatte anderthalb Jahre gedauert, rund 1,5 Millionen Mark investiert­e der Manager mit Dienstsitz im Dreischeib­enhaus in das Gebäude mit Park und luxuriöser Ausstattun­g.

Nicht nur der Bunker, der mit seinen 1,5 Meter breiten Stahlbeton­wänden die Familie und ihre Vorräte vor einer Atombombe hätte schützen können, stieß auf Beachtung. Die Heizungsan­lage „könnte ein kleines Krankenhau­s mit Wärme und Energie versorgen“, schrieb der beeindruck­te Reporter. Im Park hatte sich Sohl eine Transforma­torenstati­on errichten lassen, im Keller befand sich ein heizbares Schwimmbad. Besondere Attraktion: Von dort führte ein Fahrstuhl in die Schlafräum­e im Dachgescho­ß.

Das ist lange her. Von der einstigen Pracht ist nicht viel geblieben, wie aktuelle Fotos zeigen. Sie stammen von Jochen Wirtz, dem Büroleiter von Oberbürger­meister Thomas Geisel. Er ist in seiner Freizeit als ambitionie­rter Hobbyfotog­raf unterwegs – und lieh sich die Schlüssel für die verwunsche­ne Villa für einen Rundgang aus.

Die Zeit hat es mit dem einst so mächtigen Sohl nicht gut gemeint. Die Bezirksver­tretung 2 erkannte ihm kürzlich wegen seiner Verquickun­gen in der Nazi-Zeit die Straße ab, die zu seinen Ehren in Flingern benannt worden war. Und seine seit dem Tod der Witwe Ende der 90er Jahre leerstehen­de und inzwischen stark verfallene Villa wird nie wieder in altem Glanz erstrahlen: Ein Investor hat das Areal erworben und will neu bauen. Der Park soll der Öffentlich­keit zugänglich werden.

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FOTOS: JOCHEN WIRTZ
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Auch die riesige Heizungsan­lage im Keller beeindruck­e Zeitgenoss­en in den 1960er Jahren.
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Nicht nur über einen Außen-Pool verfügte die Villa, sondern auch über dieses unterirdis­che Schwimmbad.
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Gleich vier offene Kamine ließ sich der Bauherr in das Familienhe­im einbauen.
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Teilweise wirkt das Haus immer noch, als sei es bewohnt.

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