Piratin nennt Innenminister Ralf Jäger „Problembär“
Die Debatte im Landtag über Innere Sicherheit und den Fall Anis Amri unterläuft jedes Niveau.
DÜSSELDORF Es dauerte nicht lange, da steht der Innenminister wieder im Mittelpunkt der Debatte. Ralf Jäger habe im Fall des Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri von Anfang an jegliche Fehler in seinem Ressort geleugnet. Es habe nicht einmal den Versuch der Behörden in NordrheinWestfalen gegeben, den Terroristen festzusetzen, warf FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp dem SPD-Politiker gestern im Landtag vor. Jäger müsse entlassen werden, erneuerte der Oppositionspolitiker frühere Forderungen.
Kein anderer Minister im Kabinett Hannelore Kraft stand in den zurückliegenden Jahren so in der Kritik wie Ralf Jäger. Anlässe, seinen Rücktritt zu fordern, gab es genug: die Kölner Silvesternacht 2015 und seine späte Reaktion, zuvor schon die miserable Unterbringung und Misshandlung von Flüchtlingen in der Unterkunft Burbach, die Loveparade-Katastrophe, die Hooligan-Demo in Köln, die Auseinandersetzung um NoGo-Areas oder die latente Gefahr durch Salafisten. Wochenlang überlagerte die Innere Sicherheit so gut wie jedes andere Landesthema. Und meist endeten die Debatten mit der Erkenntnis, dass nicht genug Polizisten vor Ort waren.
Doch in der von der CDU beantragten „Aktuellen Stunde“zum Fall Anis Amri an diesem Mittwoch bleibt es nicht bei bloßen Rücktrittsforderungen. Es ist die letzte Plenarwoche vor der Landtagswahl, die letzte Gelegenheit, die Landesregierung im Plenum vorzuführen.
Und sei es auch noch so polemisch: „In Ihrem Kabinetts-Märchenwald hier ist der gute Jäger schon lange zum Problembär geworden. Und was man mit Problembären machen kann, da fragen Sie am besten mal in Bayern nach“, sagte die Piraten-Obfrau im Amri-Ausschuss, Simone Brand, in Richtungder Ministerpräsidentin. Die Bemerkung löste Empörung aus. „Sie haben dazu aufgerufen, den Innenminister zum Abschuss freizugeben“, wetterte SPD-Obmann Thomas Stotko.
Unter „Problembär“wurde ein Braunbär namens Bruno in Bayern bundesweit bekannt. Die dortige Landesregierung hatte ihn zum Abschuss freigegeben, als er zu nah an Siedlungen he- rankam. Auch Landtagspräsidentin Carina Gödecke kritisierte Brand für ihre Äußerung und kündigte die Prüfung einer formalen Rüge an. Da half der Piraten-Politikerin auch nicht mehr, dass sie kurz darauf dementierte, zum Mord aufgerufen zu haben und „Problembär“im Sinne von „Risikobär“verstanden wissen wollte.
Für einen harten Einstieg in die Debatte hatte zuvor CDU-Oppositionsführer Armin Laschet gesorgt. Er hielt der Landesregierung vor, nach dem Motto „verharmlosen, verbergen, vertuschen“zu handeln. Dass der von der Regierung beauftragte externe Gutachter einen Ruf an eine NRW-Uni erhalten habe, hätte die rot-grüne Landesregierung Laschet zufolge nicht verschweigen dürfen. SPD-Fraktionschef Norbert Römer wiederum warf seinem CDU-Kontrahenten „aggressive Rücksichtslosigkeit“und „Irrationalität“vor. Laschet leide unter Panik, analysierte Römer auf Basis des Internet-Lexikons „Wikipedia“. Nur SPD und Grüne hätten versucht, Aufklärungsarbeit in Sachen Amri zu leisten. Was FDP-Mann Stamp so sehr provozierte, dass er Römer seinerseits „unglaubliche Anmaßung“und „Arroganz“vorwarf.