Rheinische Post

Die unmögliche Rückkehr ins frühere Leben

Der französisc­he Schriftste­ller Jérôme Ferrari las aus seinem neuen Roman „Ein Gott ein Tier“vor vielen Hörern im Heine-Haus.

- VON CLAUS CLEMENS

In Frankreich ist der Prix Goncourt so ziemlich das Höchste, das einem Schriftste­ller widerfahre­n kann. Am Preisgeld liegt das nicht. Symbolisch­e zehn Euro bekommt der Geehrte, aber die Verlage und alle Landsleute liegen ihm zu Füßen.

Hierzuland­e sind von den weit über 100 Preisträge­rn des Prix Goncourt nur wenige dauerhaft bekannt geworden. Insofern war man auch im Heine-Haus freudig überrascht, als sich der Saal für eine Lesung von Jérôme Ferrari bis zum letzten Platz füllte. Nicht unerwartet war das große Interesse an Ferrari für die Ro- manistin Ursula Hennigfeld, die den Abend moderierte: „Wir haben hier einen echten Star sitzen.“

Immerhin werde Ferrari in Korsika-Reiseführe­rn als dritte Berühmthei­t erwähnt, neben Napoleon und Letizia Casta. Der vielgereis­te, jetzt wieder auf seiner Heimatinse­l lebende Autor war sogar zum zweiten Mal bei Müller & Böhm. Vor fünf Jahren hatte er als neuer GoncourtPr­eisträger die halbe Welt umrundet und dabei auch in Düsseldorf Station gemacht. Jetzt galt es, einen Roman vorzustell­en, der gerade auf Deutsch erschienen ist.

„Ein Gott ein Tier“zeigt zwei Menschen, die sich im Leben verlie- ren. Die Handlung spielt in den Jahren nach dem Terroransc­hlag des 11. September 2001. Ein junger Franzose verdingt sich als Söldner in den Truppen, die im Irak kämpfen. Gezeichnet von den brutalen Kriegserle­bnissen, findet er nach seiner Rückkehr in Frankreich keinen Halt mehr. Seine Versuche, in das frühere Leben zurückzuke­hren, sind vergeblich. Auch die WiederAnnä­herung an seine einstige Jugendlieb­e Magali scheitert daran, dass er sich von den erlittenen Kriegstrau­mata nicht befreien kann. Schließlic­h erschießt er sich im Wald in der Nähe seines Heimatdorf­s.

Im Heine-Haus las Jérôme Ferrari seine Textaussch­nitte in einem derart rasenden Tempo, dass man von dem stellenwei­se pathetisch­en Ton kaum etwas verspürte. Auf diese Sprache und einen ethisch-moralische­n Anspruch des Romans angesproch­en, entgegnete er beinahe abweisend: „Ich würde mich nicht als engagierte­n Autor bezeichnen.“

Einverstan­den zeigte sich Jérôme Ferrari mit dem Begriff „Komplexitä­t der Sprache“, bezogen auf sein Gesamtwerk. Diese Komplexitä­t sei gerade in der aktuellen Zeit gefordert, in der so viele Vereinfach­er ihren Mitmensche­n etwas vormachten.

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FOTO: SECESSION Jérôme Ferrari.

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