Rheinische Post

Büdchen mit einem Hauch Luxus

Vor einem Jahr hat Jeanette Zundl die schlichte Trinkhalle an der Düsseldorf­er Straße in einen „Kiosk Deluxe“verwandelt.

- VON HEIDE-INES WILLNER

OBERKASSEL Wer an Luxus denkt, vermutet ihn wohl eher in angesagten Läden und Boutiquen. Dass es auch anders sein kann, beweist Jeannette Zundl, denn vor gut einem Jahr eröffnete sie ihren „Kiosk Deluxe“an der Düsseldorf­er Straße. Von außen deutet allerdings nichts auf Luxus hin: Eine leicht abschüssig­e Rampe führt vom torähnlich­en Eingang zu einer einfachen Tür. Über einige Holzstufen gelangt man dann in einen kleinen Verkaufsra­um. Rundherum Regale mit einer bunten Produktpal­ette, die eher an ein ganz gewöhnlich­es Büdchen denken lassen. Was ist denn daran luxuriös? Eine Frage, die Jeannette Zundl wortlos beantworte­t, indem sie auf die erlesenen deutschen Weine, allen voran auf den Grauburgun­der, auf Prosecco und nicht zuletzt auf den Champagner im Kühlschran­k weist. „Kürzlich habe ich an einem Wochenende alle meine Weine verkauft“, sagt sie stolz.

Damit liegt sie dann auch goldrichti­g mit ihrem Kiosk Deluxe, denn: „Ich habe mich an die schicke Wohngegend angepasst“, sagt sie mit schelmisch­em Lächeln. „Ich habe aber die französisc­he Schreibwei­se geändert und den Begriff „De Luxe“in einem Wort zusammenge­fasst. Vielleicht auch, um Bodenständ­igkeit zu vermitteln, denn das, was sie anbietet, ist neben den gewohnten Produkten nicht unbe- dingt üblich für einen Kiosk: Mehl, Zucker, Nudeln, Soßen, Milch, Kaffee, im Kiosk frisch gebackene Brötchen, Süßigkeite­n und kleine Kuchen, lassen eher auf einen TanteEmma-Laden schließen, zumal auch Schreibmat­erial in einem Winkel zu entdecken ist, und natürlich auch Zigaretten und Getränke.

Jeannette Zundl ist gelernte Hotelfachf­rau. Über eine Bekanntsch­aft bekam sie den Tipp, dass die vormalige Trinkhalle aufgegeben, ein Nachmieter für die Souterrain­Räume gesucht wird. „Ich griff zu, weil ich zuletzt zehn Jahre als Regionalle­iterin eines Kaffeeunte­rnehmens gearbeitet habe und das Herumreise­n nicht mehr wollte.“Jetzt könne sie ihre Ideen umsetzen, kreativ sein und – den Begriff Luxus weiter ausschöpfe­n. „Ich denke an ein kleines Café.“Aber das ist noch Zukunftsmu­sik und auch nicht eilig, denn schon jetzt genießen die Kunden „ihren“„Kiosk Deluxe“, der für manchen Stammkunde­n ein wichtiger Treffpunkt ist. „Es kommen viele ältere Leute und manche wollen einfach nur reden.“Und eine Kundin, die anonym bleiben will, ergänzt: „Wenn es diesen Laden nicht gäbe, wäre ich aufgeschmi­ssen.“Einkaufsmö­glichkeite­n seien im Umfeld rar, sie müsse bis zur Luegallee laufen. Auch für Lola, ihre Hündin, ist der Kiosk Heimat. Sie war Frauchen einmal entwischt, verirrte sich und fand schließlic­h den Weg ins Büdchen. „Sie wusste, dass ich dort regelmäßig einkaufe“, sagt die Kundin. Eine andere Nachbarin „kommt grundsätzl­ich gerne hierher“. Was es nicht gebe, werde besorgt, sagt sie und nimmt ihr bestelltes Kopierpapi­er in Empfang.

Jeannette Zundl ist Anlaufstel­le nicht nur für die Kunden, sondern für die gesamte Nachbarsch­aft. „Ich nehme alles an. Wenn die Lieferante­n niemanden erreichen, kommen sie zu mir.“Darüber hinaus sei sie Poststatio­n und arbeite mit Paketdiens­ten zusammen.

Die Nachbarsch­aft schätzt den Luxus, ein Büdchen vor der Haustür zu haben, das ihnen das Alltagsleb­en erleichter­t. Kein Wunder, dass sie sich bei Jeannette Zundl an Weihnachte­n mit einem üppigen Gabentisch bedankten.

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