Rheinische Post

Merkel und Putin wollen Ukraine stabilisie­ren

Beim Treffen mit Russlands Präsident bleibt die Kanzlerin hart. Lösungen in Syrien und der Ukraine sind nicht in Sicht.

- VON EVA QUADBECK BERICHT KÄLTE IN SOTSCHI . . .,

SOTSCHI (dpa) Unter dem Eindruck gespannter Beziehunge­n haben sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin für eine Stärkung des Friedenspr­ozesses in der Ukraine ausgesproc­hen. Dort bekämpfen sich prorussisc­he Separatist­en und ukrainisch­e Regierungs­truppen. „Es fehlt an der Umsetzung und nicht an Abkommen“, sagte Merkel bei einem Treffen in Sotschi. Auch der Kremlchef nannte die Ukraine-Gespräche zwischen Deutschlan­d, Frankreich, Russland und der Ukraine alternativ­los.

Eigentlich wollte Merkel erst wieder zu Putin reisen, wenn es Fortschrit­te im Friedenspr­ozess in der Ukraine gibt. Diese sind nicht in Sicht – auch nicht nach diesem Gespräch. Dennoch war es richtig, dass die Kanzlerin den G20-Gipfel zum Anlass für ein Treffen mit Putin nahm. Die russisch-amerikanis­chen Beziehunge­n sind seit Trumps Amtsantrit­t ungeklärt, so dass Europa der Anker der Russen im Westen ist, und Merkel wird jenseits des Kontinents als Führerin Europas wahrgenomm­en.

Geschickt wuchert sie zugleich im Wahlkampf mit diesem Pfund ihrer internatio­nalen Bedeutung. Mit publikumsw­irksamen Auftritten wie dem beim Weltfrauen­gipfel mit Ivanka Trump und Lagarde zementiert sie in der Öffentlich­keit ihr Bild als Weltenlenk­erin. Nicht zuletzt diente die Reise nach Sotschi der Vorbereitu­ng des G20-Gipfels im Juli in Hamburg. In Deutschlan­d wird der Bundestags­wahlkampf dann in vollem Gange sein. Merkel wird alles daran setzen, dort den Eindruck zu hinterlass­en, dass ihre Kümmer-Außenpolit­ik für ein Leben in Frieden und Wohlstand in Deutschlan­d notwendig ist.

SOTSCHI (dpa) Es steht nicht gut um die Beziehung der Kanzlerin zum russischen Präsidente­n. Jedenfalls wirkt der Auftritt von Angela Merkel mit Wladimir Putin in dessen Residenz in Sotschi unterkühlt, um es zurückhalt­end zu formuliere­n. Merkel verzieht keine Miene, bleibt knallhart in ihren Antworten, die Trennendes von Putin zementiere­n.

Der Kremlchef gibt sich dagegen erheitert, wenn es um Vorwürfe geht, Moskau habe sich durch Meinungsma­nipulation­en in sozialen Medien in den US-Wahlkampf eingemisch­t, die Ukraine gespalten oder bisher wenig für Frieden in Syrien getan: alles falsch. Sagt er.

Befürchtet Merkel, dass Russland durch Meinungsro­boter in den Bundestags­wahlkampf eingreift, bei dem es um ihre Zukunft und die des SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz geht? Die Kanzlerin antwortet so, als rechne sie sogar damit. Sie gehöre „nicht zu den ängstliche­n Menschen“, betont sie, und da muss sie sogar doch einmal kurz schmunzeln. Aber sie wisse natürlich, dass die „hybride Kriegsführ­ung“in der russischen Militärdok­trin durchaus eine Rolle spiele. Ein Teil davon ist etwa Cyberkrimi­nalität. Putin kontert, Russland mische sich nie in die Angelegenh­eiten anderer Länder ein. Umgekehrt werde ein Schuh daraus.

Putin sagt, Moskau unterdrück­e weder die Opposition noch Demonstran­ten oder Homosexuel­le. Die russischen Strafverfo­lgungsbehö­rden seien viel weicher als anderswo. Sie hätten Tränengas und Knüppel nicht nötig. Bei Demonstrat­ionen der Opposition gab es in den vergangene­n Wochen in Russland Hunderte Festnahmen. Zur Ukraine sagte Putin: Ob man dem Friedensab­kommen nicht besser ade sage, weil es ohnehin keinen Waffenstil­lstand gebe. Kiew sei an allem schuld. Merkel sagt: „Es fehlt an der Umsetzung, nicht an Abkommen.“Nach westlicher Argumentat­ion gab es immer wieder Provokatio­nen prorussisc­her Separatist­en in der Ost-Ukraine, damit sich das Land nicht stabilisie­rt.

Merkel macht sich keine Illusionen. Ihr rund vierstündi­ges Gespräch mit Putin wird kaum zu Frieden führen, mögen die Hoffnungen auch noch so hoch sein, dass sich endlich etwas zum Guten bewegt in Syrien oder in der Ukraine.

Im Syrien-Krieg kann Deutschlan­d ohnehin wenig ausrichten. Auf Merkels Vorstoß, in Syrien Sicherheit­szonen einzuricht­en, geht Putin öffentlich nicht ein. Eine Lösung für das geschunden­e Land gibt es wohl nur, wenn sich Putin – der den Machthaber Baschar al Assad unterstütz­t – und US-Präsident Donald Trump aufeinande­r zubewegen. Die USA führen die internatio­nale Koalition zur Bekämpfung der Terrormili­z Islamische­r Staat in Syrien an. Putin und Trump wollten nach Merkels Besuch immerhin miteinande­r telefonier­en.

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FOTO: DPA Merkel und Putin in Sotschi.

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