Schäuble erwartet hohes Steuer-Plus bis 2020
Die neue Steuerschätzung hat begonnen. Die Industrie fordert mehr Investitionen und Steueranreize für Forschung.
BERLIN (RP) Die deutsche Industrie pocht angesichts erwarteter zusätzlicher Steuereinnahmen auf mehr staatliche Investitionen und Steueranreize für die Forschung. Dies forderte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang, zum Auftakt der neuen Steuerschätzung. Die erwarteten Mehreinnahmen böten genug Spielraum für eine Unternehmensteuerreform und für eine steuerliche Forschungsförderung. Bund, Länder und Gemeinden verfügten in den nächsten Jahren auch selbst über genug Geld, um zu investieren.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat gestern im sächsischen Bad Muskau mit den Beratungen über die neue Einnahmeprognose für die Staatskassen begonnen. Die Experten von Bund und Ländern, Bundesbank, Kommunalverbänden, Forschungsinstituten sowie Statistikamt ermitteln drei Tage lang das Steueraufkommen für dieses Jahr und den Zeitraum bis 2021. Das Ergebnis wird morgen von Bundesfi- nanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin verkündet.
Es wird erwartet, dass Bund, Länder und Gemeinden mit mehr Steuereinnahmen kalkulieren können als noch im November geplant. Der Bund geht in seiner Schätzvorlage nach einem Medienbericht von einem Steuerplus von 55 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 für den Gesamtstaat im Vergleich zur November-Schätzung aus. Länder und Gemeinden profitierten davon stärker als der Bund. An der Vorlage des Bundes orientiert sich die Prognose, sie weicht am Ende davon aber zumeist leicht ab.
Vor allem die SPD bereitet nach Einschätzung von Ökonomen bereits Wahlversprechen im Umfang von bis zu 30 Milliarden Euro vor, die den Rahmen der erwarteten Steuermehreinnahmen sprengen dürften. Allein die Senkung der Stromsteuer, kostenlose Kindertagesstätten, die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung und höhere Infra- strukturausgaben könnten bis zu 16,6 Milliarden Euro pro Jahr kosten, errechneten die Forschungsinstitute IW und RWI für das „Handelsblatt“. Dem arbeitgebernahen IW zufolge könnte die geplante längere Zahlung von Arbeitslosengeld bei Qualifizierung – das sogenannte „Arbeitslosengeld Q“– zusätzlich mit bis zu 16,8 Milliarden Euro jährlich zu Buche schlagen. Die Sozialdemokraten gehen allerdings von weit geringeren Kosten für die Reform aus.