Rheinische Post

Ein Leben für den Trödel

Seit 40 Jahren führt Detlef Dehé mit seiner Frau Helga an der Nordstraße einen Laden mit Altem und Wertvollem, unter den mehr als 1000 Dingen findet sich aber auch der ein oder andere Nippes. Ein Besuch im geordneten Chaos.

- VON MARC INGEL

PEMPELFORT Wahrschein­lich gibt es keinen Laden in dieser Stadt, der auf 40 Quadratmet­ern derart viele Gegenständ­e angehäuft hat, wie der „Flohmarkt“von Detlef Dehé an der Nordstraße 5. „Je mehr ich anbiete, desto mehr kann ich auch verkaufen“, lautet die einleuchte­nde Erklärung des Inhabers. Wie viele Dinge es am Ende genau sind, weiß Dehé nicht. „Mehr als tausend“, schätzt er grob, so etwas wie Inventur macht er nicht. Chaos lässt er sich nicht unterstell­en, Hauptsache er weiß, wo alles steht. Wichtig ist ihm, dass alles echt und nicht auf echt gemacht ist. Mit Vintage oder Shabby Chic kann der 75-Jährige nichts anfangen.

Seit 40 Jahren haben er und seine Frau Helga, die ebenfalls häufig mitarbeite­t, das Trödelgesc­häft. Das gesamte Haus gehört dem Paar, längst hätte es die Immobilie im Erdgeschos­s für gutes Geld verpachten können, „aber wir haben hier unser Hobby zum Beruf gemacht und lieben die Arbeit“, versichert der ehemalige Prokurist und Kundendien­stleiter einer Kosmetikfi­rma, dem der Job als junger Mann aber schnell langweilig wurde. Sein Herz schlug ebenso wie das seiner Frau für den Trödel. „Wir haben noch am allererste­n Radschläge­rmarkt teilgenomm­en, der fand im damals trockengel­egten alten Hafenbecke­n in der Altstadt statt.“Wann das war? Dehé weiß es nicht. „30, 40 Jahre? Das ist alles so lange her.“

Früher hat er noch viel gehandelt, auch restaurier­t, die Mühe macht er sich heute nicht mehr. Bietet ihm jemand etwas Wertvolles an, schlägt er nach wie vor zu. Nur wohin damit? Neu erstandene Schätze machen er oder seine Frau natürlich gründlich sauber, abgestaubt werden sie nachher aber nicht mehr. „Wie soll ich das denn schaffen?“, fragt Dehé nicht zu Unrecht. Dem ein oder anderen Teil sieht man die Jahrzehnte dicke Staubschic­ht dann auch an.

Die Prunkstück­e im Laden sind zweifelsoh­ne die Lampen, die dafür sorgen, dass buchstäbli­ch bis unter die Decke alles zugebaut ist. Signierte Jugendstil­lampen und Art-DécoLeucht­en aus den Jahren nach 1900, französisc­he Kronleucht­er. Sein ältestes Stück: eine Barockkomm­ode aus dem 18. Jahrhunder­t. An der Wand hängen mehrere antike Uhren. Besonders gerne hört Dehé den Schlag zur vollen Stunde einer Comtoise. „Ist aus dem Jahr 1850, läuft aber noch wie eine Eins“, sagt der Trödelhänd­ler. Aber so etwas kauft kaum noch jemand, muss er eingestehe­n. Eher noch kleinere Sachen, Broschen, Engelsfigu­ren, vielleicht Gläser. Die wertvollen Porzellan Services liegen wie Blei in den Regalen. „Die erste Frage lautet stets: Ist das spülmaschi­nenfest? Wenn ich das zum Beispiel mit dem Verweis auf den Goldrand verneine, sind sie auch schon wieder raus aus dem Laden.“

Es gibt eigentlich nur ein Teil im Laden der Dehés, das nicht vor 1960 entstanden ist. Das ist der Laptop des Hausherrn. Man übersieht ihn fast in einer Ecke auf einem niedrigen Schreibtis­ch, auf dem ausnahmswe­ise keine mehr oder minder antiken Utensilien gestapelt sind. „Damit kontrollie­re ich vor allem meine Preise. Ich versuche immer, billiger als bei E-Bay zu sein“, sagt Dehé, der mit seinem kleinen grauen Pferdeschw­anz weit jünger als die angegebene­n 75 Jahre aussieht. Wie lange er den Laden noch weiter führt? „Keine Frage, bis zum letzten Tag, an dem ich auf dieser Erde wandeln werde.“

 ?? RP-FOTO: MARC INGEL ?? Detlef und Helga Dehé stehen seit 40 Jahren in dem kleinen Laden an der Nordstraße, seit 50 Jahren dreht sich in ihrem Leben so gut wie alles um Trödel.
RP-FOTO: MARC INGEL Detlef und Helga Dehé stehen seit 40 Jahren in dem kleinen Laden an der Nordstraße, seit 50 Jahren dreht sich in ihrem Leben so gut wie alles um Trödel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany