Comeback der FDP / Desaster der Grünen
Christian Lindner hat die FDP aus ihrem Tief geholt. Der 38-Jährige blickt bereits noch weiter nach vorn – Richtung Berlin.
„Mit einem Comeback der FDP im Bund ist nun zu rechnen“ Christian Lindner FDP-Chef
DÜSSELDORF Es ist 18.17 Uhr, als das braun gebrannte Gesicht der FDP gestern Abend den angesagten Zollhof 11 im Düsseldorfer Medienhafen betritt. Laute, teils frenetische Rufe branden auf: „Christian, Christian“. Es fehlt nicht viel und sie hätten ihren Spitzenkandidaten, der zunächst lässig ohne Krawatte und mit Dreitagebart daherkam, auf Händen durch den Zollhof auf die Bühne getragen. Christian Lindner, auf dessen Person der gesamte Wahlkampf zugeschnitten gewesen ist, genießt die- sen Moment. Minutenlanger Applaus in der proppenvollen PartyLocation nahe den Gehry-Bauten. „Oh, wie ist das schön“, singen die FDP-Sympathisanten. „So etwas hat man lange nicht gesehen, so schön, so schön.“Die Liberalen feiern ihren Wahltriumph – und sie wissen, wem sie ihn zu verdanken haben. Die „Christian“-Sprechchöre reißen nicht ab, nehmen sogar noch an Lautstärke zu.
12,7 Prozent, drittstärkste Kraft in NRW. Damit hat die Partei den Stimmanteil zur letzten Wahl kräftig erhöht. 2012 hatten die Liberalen 8,6 Prozent erreicht. „Wer hätte das im Herbst 2013 gedacht?“, fragt Lindner seine Parteifreunde, als er nach seinem minutenlangen Triumphmarsch durch die Reihen sei- ner Anhänger die Bühne erreicht hat. „Darum dürfen wir uns sehr freuen“, so der 38-Jährige. Man habe aus den Fehlern gelernt, die dazu geführt hätten, dass man damals aus dem Bundestag geflogen sei. „Mit einem Comeback der FDP im Bund ist nun zu rechnen. Die Menschen wollen das“, betonte der gebürtige Wuppertaler. „Wenn eine so kleine Partei wie die FDP so an Gewicht gewinnt, wächst auch die Verantwortung.“Das Ergebnis des heutigen Abends sei nicht nur eine Belohnung, sondern ein Auftrag, genauso weiterzumachen wie in den vergangenen Jahren. Damit rollt jetzt der Lindner-Zug durch die Republik.
Schon um 18 Uhr, als die ersten Hochrechnungen veröffentlicht wurden, gibt es auf der Wahlparty der Liberalen kein Halten mehr. Zwar knallen nicht die berühmten Sektkorken, dafür aber gehen zahlreiche Gläser zu Bruch, die die Feiernden vor Freude fallen ließen. Angestoßen wird vor allem mit Weißwein und Düsseldorfer Alt. Unter den vielen Gästen sind auch viele Jungliberale, manche mit Hemd, Sakko und Einstecktuch, aus dem ganzen Bundesland, so wie Marcel (24) aus Baden-Württemberg. „Es ist eine herausragende Leistung im wichtigsten Bundesland NRW ein zweistelliges Ergebnis einzufahren“, sagt er.
Kaum hatte der 24-Jährige das gesagt, spricht auch Lindner auf der Bühne vor ihm von einem historischen Wahlergebnis für die FDP. „Unser Wahlziel war ein Politikwechsel. Das haben wir erreicht. Rot-Grün ist Geschichte. Alles, was jetzt kommt, kann nur besser werden“, so der FDP-Chef. Die Liberalen dürften hoffen, dass Schwarz- Gelb, ein Bündnis aus CDU und FDP, jetzt kommen wird. Man wolle Gespräche mit den Christdemokraten führen.
Doch wer meint, zwischen der CDU und FDP passe kein Blatt Papier, der irrt. Die Liberalen waren nicht mit allem einverstanden, was die CDU im Wahlkampf veranstaltete. Besonders die Warnungen von Armin Laschet an seine Wähler, der FDP keine Leihstimmen zu geben, sind bei vielen Liberalen übel aufgestoßen. Ein Stachel, der noch tief im liberalen Fleisch zu sitzen scheint – das wurde auf der Wahlparty deutlich. „Die CDU hat Wahlkampf gegen uns gemacht“, betonte Lindner und bekam dafür viel Applaus. Der FDP-Vorsitzende sagte auch, die Liberalen seien bereit, die Rolle der größten Oppositionspartei einzunehmen. Die möglichen Koalitionsverhandlungen in Düsseldorf führen.
Nach etwa 20 Minuten verlässt Lindner den Zollhof wieder unter genauso großem Jubel wie bei seiner Ankunft. Der 38-Jährige muss schnell rüber in den Landtag, der etwa ein Kilometer entfernt liegt. Zum Abschluss bedankt er sich noch einmal wie es sich gehört bei allen Wahlhelfern und Parteifreunden, die diesen Erfolg erst möglich gemacht hätten. Namentlich erwähnt er seinen Parteifreund Joachim Stamp, der wohl auch die möglichen Koalitionsverhandlungen für die FDP führen wird. Denn Lindners Äußerungen klingen nicht so, dass er das in den nächsten Wochen machen möchte. Sein Zug fährt jetzt Richtung Bundestagswahl.