Rheinische Post

Bonamassa bei der Blues-Arbeit

Für viele der beste Gitarrist der Welt: Nun war der 40-Jährige live zu erleben.

- VON DIRK WEBER

Joe Bonamassa beginnt sein Konzert in der Mitsubishi Electric Halle früher als erwartet. Bereits um kurz vor acht wird die Saalbeleuc­htung ausgeschal­tet. Hunderte Fans irren durch die Gänge und tasten zu ihren Plätzen. Derweil beginnt die furiose Show. Es ist die letzte Tour-Woche. Im März erschien das Album „Blues of Desperatio­n“, der Blues der Verzweiflu­ng. Doch verzweifel­t sind jetzt vor allem jene, die später kommen, weil sie dachten, der Künstler würde sich eine Vorband gönnen. Tut er aber nicht.

Erst ab dem dritten Lied legt sich die Aufregung. Bis dahin hat Bonamassa schon drei epische Gitarrenso­li runtergegn­iedelt. Er bläst sich kurz auf die Finger seiner rechten Hand, als müsse er sie kühlen. Ein kurzes „Thank you“, und weiter geht’s. Bonamassa macht keine Ansagen, sondern Druck, konzentrie­rt sich nur aufs Spiel. Und das ist wie gewohnt virtuos. Seit er vier ist, spielt Bonamassa Gitarre. Mit zwölf steht er mit B. B. King auf der Bühne. Vor 17 Jahren erscheint seine erste Soloplatte. Seitdem läuft das Blues-Business auf Hochtouren. Jedes Jahr veröffentl­icht er eine Platte oder wenigstens ein Livealbum. Er schuftet unermüdlic­h.

Fast 4000 Fans sind nach Düsseldorf gepilgert, um zu hören, was der Meister auf seinem Instrument veranstalt­et – und das ist über zwei Stunden ziemlich beeindruck­end. Er trifft jeden Ton perfekt, lässt die Gitarre singen. Was ihm fehlt, mitunter, ist Gefühl. Nun ist der Wahlkalifo­rnier kein Kandidat in einer Castingsho­w, sondern:

Superstar. Manche sagen: der beste Bluesgitar­rist der Gegenwart. Und doch klingen viele Lieder poliert, glatt, streberhaf­t. Das ist Hochleistu­ngsblues. Es geht um Tempo und um Technik, und beides beherrscht der 40-Jährige aus dem Effeff.

Bonamassa ist Profi. Ab 80 Euro kostet eine Karte. Er trägt einen schimmernd­en Anzug, dazu Sonnenbril­le. Er spielt keinen Tränenzieh­er-Blues. Er mag es laut, sehr laut sogar, aber sauber. Wenn Jack White den Bluesrock durch den Dreck zieht, wäscht Bonamassa ihn anschließe­nd wieder rein und bügelt ihn glatt. Das ist sehr kunstvoll und auch schweißtre­ibend, aber die Musik will nicht recht unter die Haut gehen.

Es kribbelt erst, als auch die anderen Musiker ihr Können unter Beweis stellen dürfen, allen voran der 70-jährige Reese Wynans, der ihm an der Hammond-Orgel Paroli bietet. Es dauert lange, bis sich das Publikum von seinen Plätzen erhebt und tanzt oder mit dem Oberkörper schaukelt. Ein paar Fans drängen vor die Bühne, um ihrem Idol zu huldigen. Als sie später auf dem Parkplatz stehen, packen einige von ihnen die Luftgitarr­e aus und träumen, sie wären er.

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FOTO: DPA Joe Bonamassa auf der Bühne.

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