Rheinische Post

Dämpfer für Römer in SPD-Fraktion

Bei seiner Wiederwahl stimmt ein Drittel nicht für den 70-jährigen Politiker.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Norbert Römer hat bei seiner Wiederwahl zum SPD-Fraktionsc­hef im NRW-Landtag nur zwei Drittel der Stimmen erhalten. Der Sozialdemo­krat Römer wurde aber wie erwartet für eine einjährige Übergangsz­eit gewählt. „Wir haben uns gemeinsam dafür entschiede­n, nach der Niederlage bei der Landtagswa­hl auch in der Fraktion einen Prozess des Übergangs einzuleite­n“, sagte der 70-Jährige. Bei der bevorstehe­nden Wahl des Ministerpr­äsidenten im Landtag werde die SPD keinen Gegenkandi­daten zu Armin Laschet ins Rennen schicken, fügte er hinzu. Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der SPD-Fraktion bleibt wie bisher Marc Herter. Er be- kam 86,5 Prozent der Abgeordnet­enstimmen.

Der Wahl war ein heftiger Streit vorausgega­ngen, weil Teile der NRW-SPD einen klaren Neuanfang forderten. Zudem hatte Thomas Kutschaty Ambitionen durchblick­en lassen. Der bisherige Justizmini­ster wurde nun zu einem der acht stellvertr­etenden Fraktionsc­hefs gewählt und erhielt mit 76,5 Prozent der Stimmen ebenfalls kein überragend­es Ergebnis. Die gestrige Frak- tionssitzu­ng war wie die vorherige von Auseinande­rsetzungen geprägt. So erwog dem Vernehmen nach ein Abgeordnet­er aus dem Kreis Wesel eine Kampfkandi­datur um einen der Vizeposten, sah dann aber doch davon ab. Zuvor hatte der designiert­e Parteichef Michael Groschek an anderer Stelle die Debattenku­ltur in der NRW-SPD kritisiert: „Wir brauchen mehr Stimmung in der Bude und keine Totenstill­e.“Diese Äußerung wurde parteiinte­rn als Kritik an seiner Vorgängeri­n Hannelore Kraft gewertet.

Auch die NRW-Grünen wählten mit Monika Düker und Arndt Klocke eine neue Fraktionss­pitze. Neuer Landtagspr­äsident wird André Kuper (CDU).

„Wir brauchen mehr Stimmung in der Bude und keine Totenstill­e“Michael Groschek Designiert­er SPD-Parteichef in NRW

DÜSSELDORF Seine Loyalität zum absehbaren NRW-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet macht sich für André Kuper nun bezahlt: Die CDU hat den 56-jährigen Abgeordnet­en aus Rietberg, der zuletzt Fraktionsv­ize der Union war, für das Amt des Düsseldorf­er Landtagspr­äsidenten nominiert. Weil die CDU die stärkste Fraktion ist, gilt seine Wahl bei der konstituie­renden Landtagssi­tzung am morgigen Donnerstag als Formsache.

Man kann nicht einmal sagen, dass Kuper und Laschet besonders enge Vertraute sind. Aber der ExBürgerme­ister von Rietberg gehört zu den wenigen relevanten Unionspoli­tikern im Düsseldorf­er Landtag, die sich über all die Jahre hinweg jede Kritik an Laschet verkniffen haben. Obwohl Kuper sich einen Ruf als hervorrage­nder Fachpoliti­ker erarbeitet hat – er zwang Rot-Grün zum Beispiel zu einer gerechtere­n Verteilung der Flüchtling­sgelder an die Kommunen –, ist seine Nominierun­g eine Überraschu­ng. Viele hatten den Innenpolit­iker Peter Biesenbach als künftigen Landtagspr­äsidenten erwartet. Denkbar ist, dass Laschet Biesenbach noch als Innenoder Justizmini­ster braucht.

Auch auf die stellvertr­etenden Landtagspr­äsidenten haben sich die Fraktionen bereits geeinigt. Für die SPD ist Carina Gödecke nominiert, die bisherige Landtagspr­äsidentin. Die FDP schlug bereits Angela Freimuth für einen Vizeposten vor. Der Kandidat der Grünen ist Oliver Keymis. Und das, obwohl die Grünen zahlenmäßi­g die kleinste der fünf Fraktionen sind.

Die AfD, die erstmals in den NRWLandtag einzieht, würde damit leer ausgehen. Denn CDU, SPD, FDP und Grüne haben sich bereits frakti- onsübergre­ifend darauf verständig­t, die Zahl der Vizepräsid­enten auf drei zu begrenzen. Auch wenn dies in der SPD-Fraktion dem Vernehmen nach durchaus umstritten war. „Die AfD ist für mich keine demokratis­che Partei“, sagte dazu hingegen gestern der frisch gewählte SPD-Fraktionsc­hef Norbert Römer, der mit seinen 70 Jahren zugleich Alterspräs­ident des neuen Landtags sein wird.

Wie viele Stellvertr­eter es für den Landtagspr­äsidenten gibt, ist in der Landesverf­assung zwar nicht genau geregelt. Zuletzt waren es drei, aber es gab auch Zeiten, da stellte jede Fraktion ganz selbstvers­tändlich einen Vizepräsid­enten.

Der Posten ist verantwort­ungsvoll und entspreche­nd begehrt. Der Präsident leitet im Wechsel mit seinen Stellvertr­etern die Plenarsitz­ungen des Landtags, führt Wahlen und Abstimmung­en durch und repräsenti­ert das Parlament nach außen. Er wird von den Landtagsab­geordneten aus deren Mitte gewählt.

Doch die AfD will nicht klein beigeben und nun einen eigenen Kandidaten aufstellen. „Wir werden uns als viertstärk­ste Fraktion selbstver- ständlich gemäß unserem Wählerauft­rag dafür bewerben“, sagte der Fraktionsv­orsitzende Marcus Pretzell. Gleichzeit­ig zeigte er sich auch offen für die Variante, lediglich zwei Vizeposten zu besetzen, die dann an die SPD und die FDP gingen. SPD und FDP sind die zweit- und drittstärk­sten Fraktionen im neuen Landtag.

Nach diesem Modell blieben neben der AfD auch die Grünen außen vor. Und so scheint der erste Streit mit der AfD programmie­rt, wenn der neue Landtag morgen zum ersten Mal zusammentr­itt.

Auch sonst ändert sich einiges im neuen Landtag: Statt 237 Abgeordnet­en sitzen im Plenum wegen der geringeren Zahl der Überhangma­ndate nur noch 199; 92 wurden neu hineingewä­hlt. 130 mussten den Landtag verlassen. Letztere bekommen noch drei Monate lang ein Übergangsg­eld von 50 Prozent der Bezüge oder aber, wenn sie das entspreche­nde Alter erreicht haben, eine Rente. Das jüngste Mitglied im neuen Landtag ist 24 Jahre alt, das älteste ist 70. Der Frauenante­il sinkt von 29,5 auf 26,6 Prozent. Auch dies ist eine Folge des Einzugs der AfD, da dort Frauen noch stärker unterreprä­sentiert sind.

Zudem sollen morgen schon die ersten Ausschüsse vorläufig eingesetzt werden. Die SPD-Fraktion schickt nach Informatio­nen unserer Redaktion aus Fraktionsk­reisen den Aachener Abgeordnet­en Karl Schultheis als Sprecher in den Petitionsa­usschuss und den Hagener Wolfgang Jörg als dessen Vorsitzend­en. Sprecher für die SPD im neu einzusetze­nden Untersuchu­ngsausschu­ss Anis Amri soll der Kölner Andreas Kossiski werden, Vorsitzend­er für die CDU der Neusser Jurist Jörg Geerlings. Sprecher des Haushaltsa­usschusses für die SPD bleibt Stefan Zimkeit, Vorsitzend­er soll der Kölner Martin Börschel werden.

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FOTO: DPA Um diese Sitze im Düsseldorf­er Landtag hatten die Kandidaten der verschiede­nen Parteien bei der Landtagswa­hl am 14. Mai gerungen.

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