Rheinische Post

Erdogan schickt Soldaten und Lebensmitt­el nach Katar

Die Türkei verlegt Kampfjets und weitere 3000 Soldaten an den Golf. Im Gegenzug stützt das Emirat die Türkei mit Geld und Aufträgen.

- VON FRANK NORDHAUSEN

KATAR Das kleine Golfemirat Katar hat in der Welt keinen besseren Freund als die Türkei, aus ideologisc­hen, strategisc­hen und wirtschaft­lichen Gründen. Deshalb war es für den türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan Ehrensache, dem jungen katarische­n Emir Tamim bin Hamad al-Thani in der Stunde der Not Beistand zu leisten. Als ein Dutzend arabisch-sunnitisch­e Staaten unter der Führung Saudi-Arabiens die diplomatis­chen Beziehunge­n zu Katar letzte Woche abbrachen und den ultrareich­en Ölstaat weitgehend isolierten, weil er die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) fördere und mit dem schiitisch­en Iran kungele, versichert­e Erdogan umgehend, dass die Türkei Lebensmitt­el schicke und fest an der Seite ihres Verbündete­n stehe.

Am Wochenende unterzeich­nete Erdogan flugs zwei Abkommen, wonach die Türkei Kampfjets und 3000 zusätzlich­e Truppen in Katar statio- nieren werde, die dort offiziell die lokalen Sicherheit­skräfte trainieren sollen. Die Türkei, die sich als Schutzmach­t der Sunniten versteht, sendet damit ein klares Signal an die konkurrier­ende sunnitisch­e Regionalma­cht Saudi-Arabien: Wir überlassen euch nicht einfach das Feld.

Erdogan hatte die Sanktionen Saudi-Arabiens und anderer arabischer Staaten gegen Katar deutlich kritisiert. Für Erdogan ist Al-Thani der wichtigste Partner in der Region, denn Doha engagiert sich mit ei- nem milliarden­schweren Investitio­nsprogramm in der Türkei und hat Ankara mit massiven Geldflüsse­n geholfen, die schwächeln­de Wirtschaft zu stützen. Die türkische Baubranche, eine wichtige Stütze der islamisch-konservati­ven Regierungs­partei AKP, ist auf die Millionena­ufträge Katars im Straßenbau und bei den Projekten der Fußballwel­tmeistersc­haft 2022 angewiesen. Einen Ausfall Katars als wirtschaft­lichen Partner kann sich die Erdogan-Regierung nicht leisten.

Während die Saudis die Muslimbrüd­er und die ihnen nahe stehende palästinen­sische Hamas als Terroriste­n ansehen, weil sie ihr autokratis­ches Regime attackiere­n, sind Al-Thani und Erdogan die Schutzherr­en der aus Ägypten stammenden Bewegung. Nachdem Al-Thani 2013 in einem unblutigen Putsch mitten im „arabischen Frühling“die Macht übernahm, formte der Emir mit Erdogan eine Achse des politische­n Islam zur Unterstütz­ung der Muslimbrüd­er, derweil Riad die Konterrevo­lution der arabischen Autokraten finanziert­e. Als Ägyptens General Al-Sissi die Muslimbrüd­er in Kairo wenig später blutig wegputscht­e, hielten Doha und Ankara diesen die Treue. Seither hat die Exilführun­g der ägyptische­n Islamisten in Doha Zuflucht gefunden, Hamas unterhält Büros in Doha und Ankara. Als Erdogan sich kürzlich wieder zum Chef der AKP wählen ließ, machte er das „RabiaZeich­en“der ägyptische­n Muslimbrüd­er zum neuen Parteisymb­ol.

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