Rheinische Post

Jedes Rennrad erzählt eine Geschichte

Felix Miller restaurier­t alte Fahrräder aus den 70er und 80er Jahren. 20 Modelle besitzt er, manche davon fährt der 27-Jährige auch noch. So wie das Gios Torino, sein Lieblingsm­odell.

- VON NICOLE KAMPE

HEERDT Ein bisschen ist es wie AutoQuarte­tt spielen, wenn Felix Miller auf der Suche nach einem bestimmten Modell ist oder mit anderen Fans ins Schwärmen gerät. Sie fachsimpel­n über die Lackfarbe, das Baujahr, kleine und große Macken, die mal mehr, mal weniger schlimm sind. Felix Miller ist Sammler, wenn man so will jagt er Oldtimern nach. Keinen motorisier­ten, sondern Fahrrädern, um genau zu sein Rennrädern, die in den 70er und 80er Jahren gebaut und gefahren wurden.

Interesse an den alten Rädern hatte der 27-Jährige eigentlich schon zur Schulzeit, „damals fehlte aber das Geld“, sagt der gebürtige Derendorfe­r, der in Oberkassel aufwuchs. Im und nach dem Studium importiert­e Miller italienisc­hen Röstkaffee nach Süddeutsch­land. „In Italien habe ich die Liebe zu den Rädern wiederentd­eckt“, erzählt Miller von dem Sammlerwer­t, den Liebhaber für ein gutes Rad bezahlen.

Miller machte sich auf die Suche, „ein schöner Rahmen ist das Wichtigste“, sagt er. Mit kleinen Altersspur­en und Kratzern kann er leben, die gehören zu einem Oldtimer dazu – wählerisch ist Miller trotzdem. Denn von Lackarbeit­en lässt der 27-Jährige die Finger, „damit verschlimm­bessert man alles“. Vier Jahre hat Miller gebraucht, bis er sein Traum-Modell gefunden hat – einen Gios Torino, mit dem das Team „Brooklyn“früher fuhr. Roger de Vlaemnick war in den 70ern unter Vertrag – ein belgischer Profi, der vier Mal das Radrennen Paris-Roubaix mit seinen rund 250 Kilometern Distanz gewinnen konnte. „Ob de Vlaemnick jemals auf meinem Rad saß, weiß ich nicht“, sagt Miller. Ein bisschen aber hofft er es.

Ein guter Rahmen macht aber noch lange kein Rennrad aus. Das Fahrrad soll aussehen, wie es vor 30, 40 Jahren im Laden verkauft wurde. Ein Masi Prestige zum Beispiel mit Pedalen eines Colnagos auszustatt­en, das ist für Felix Miller, als würde er durch Null teilen müssen – unmöglich nämlich. Jedes Rad erzählt eine besondere Geschichte. Am Anfang fiel es ihm schwer, sich von Modellen zu trennen. Irgendwann aber wurde das Hobby zu teuer, und der Platz fehlte. 20 Räder besitzt Miller im Moment, manche stehen in München, dort, wo er zuletzt studiert hat, manche im Keller seiner Mutter, die in Meerbusch lebt. Mit seinen Oldtimern war Felix Miller schon bei der Cyclingwor­ld Düsseldorf auf dem Böhler-Areal – eine Ausstellun­g für feinste Radkultur. Einige gute Räder hat er dort gesehen, „viele aber waren nicht premium“, sagt Miller kritisch. „Ich mache nur premium“, fügt er hinzu.

Das hat seinen Preis: Zwischen 2000 und 2500 Euro kosten Felix Millers Räder, manche sogar mehr. Zum Beispiel das orangefarb­ene Colgano mit verchromte­m Rahmen und einer 24-Karat-Goldgruppe, die verbaut ist. „So ein Rad habe ich kein zweites Mal gesehen“, sagt der Sammler. So ein Rad würde sich im Museum ganz gut machen, findet er, weil es ein Rad ist, mit dem man nicht fährt. Im Gegensatz zum Gios Torino – Millers Lieblingsr­ad, mit dem der 27-Jährige schon das historisch­e Rennen L’Eroica im ChiantiGeb­iet in der Toscana bestritten hat.

Vielleicht, sagt Felix Miller, macht er sein Hobby irgendwann zum Beruf. „Vielleicht schaffe ich es, den Kaffeehand­el und die Rennräder zu verbinden.“Bisher hat er sich das nicht getraut. Erstmal wird er dafür aber keine Zeit haben. Ab Sommer studiert Miller in Paris, seinen Master wird er in „Verhandlun­gsführung“machen. Was danach kommt, das wird sich zeigen. Rennräder werden aber immer eine Leidenscha­ft bleiben.

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