Die katholische Kirche schrieb bei Luther ab
Eine Ausstellung in der Akademie der Wissenschaften und Künste beschäftigt sich mit den katholischen Bibelübersetzungen.
Im September 1522 erschien Martin Luthers Übersetzung des Neuen Testaments. Zwei Monate später wurde sie schon verboten. Herzog Georg von Sachsen befahl allen, die Luthers Werk gekauft hatten, es abzugeben. Das Geld sollten sie zurückbekommen, und das war nicht wenig. Eineinhalb Gulden kostete das Buch – viel Geld zu jener Zeit. Dem Herzog war klar, dass das Volk eine deutsche Übersetzung wollte, und so beauftragte er den Theolo- Textforschung der Universität Münster. „Emser schrieb über die Übersetzung aber nicht seinen Namen. Erst in der zweiten Auflage, die nach seinem Tod 1528 erschien, wurde er als Übersetzer angegeben.“Prompt reagierte Luther. In seinem „Sendbrief vom Dolmetschen“aus dem Jahre 1530 bezeichnete er Emser als den „Sudler zu Dresden“. „Emser selber ist aber unschuldig“, sagt Strutwolf.
1534 erschien dann eine weitere katholische Bibelausgabe des Dominikaners Dietenberger. Beim Neuen Testament griff er auf die Ausgabe Emsers zurück und somit auf Luthers Text. Anders als Emser schrieb Dietenberger aber seinen Namen auf die Übersetzung. 1537 brachte dann Johannes Eck die dritte katholische Bibelausgabe auf den Markt. Er war ein großer Gegner Luthers, griff aber auch auf Emsers Werk zurück und demnach auch auf Luthers Übersetzung. Ecks Übersetzung gilt als die schlechteste der drei katholischen Varianten. Das Alte Testament übersetzte er Wort für Wort. Heraus kam ein schwer verständlicher Text. Luther hingegen hatte eine Übersetzung geschaffen, die jeder verstehen konnte. „Er übersetzte nicht Wort für Wort, sondern sinngemäß. Das missfiel der katholischen Kirche. Luther wollte, dass jeder die Texte verstehen kann. Er wählte die sächsische Kanzleisprache, die wurde überall verstanden“, sagt Strutwolf.
Luther schuf auch viele Wortneuschöpfungen und fügte Wörter ein. So zum Beispiel im dritten Paulusbrief an die Römer. Dort schrieb er: „So halten wir es nu / das der mensch gerechtfertigt werde/ on zu tun der werck des gesetzes/ alleyn durch de glawben.“Das Wort „alleyn“steht weder in der griechischen Vorlage noch in der Vulgata. „Luther korrigierte das. Im Deutschen braucht man dieses Wort zur Verdeutlichung“, erklärt Strutwolf. Die katholische Kirche empfand dies als Verfälschung. Und ihr gefiel auch nicht, dass nun der einfache Mann und die einfache Frau die Bibel verstehen konnten. Deshalb kam es zu dem Verbot. Luthers Bibel wurde trotzdem die beliebteste Übersetzung. Viele Fürsten rückten die Bibel einfach nicht heraus.
Bis ins 20. Jahrhundert hielten sich die Plagiatsvorwürfe gegenüber den katholischen Übersetzungen. Heute werden sie als Korrekturbibeln bezeichnet. „Sie wollten Luthers Text korrigieren, vor allem auf der Basis der Vulgata“, so Strutwolf. „Aber sie wollten auch die erklärenden Randbemerkungen Martin Luthers streichen und damit verhindern, dass die Übersetzung eine breitere Wirkung im Volk entfalten konnte.“
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die katholischen Bibeln Luthers Übersetzungen beeinflusst haben. In der Ausgabe von 1545 orientierte sich Luther an Dietenbergers Text und änderte zum Beispiel Satzstrukturen und vereinfachte die Sprachweise.