Rheinische Post

Gastro-Branche klagt über Personalno­t

Derzeit sind in Düsseldorf 600 Stellen im Gaststätte­nbereich unbesetzt. Auch auf dem Ausbildung­smarkt fehlt der Nachwuchs, oder er springt noch während der Ausbildung ab.

- VON BIRGIT WANNINGER

Sechs Wochen lang hat Sternekoch Daniel Dal-Ben ganz allein am Herd in seinem Restaurant Tafelspitz gestanden, weil sein Sous-Chef krank geworden war. Sechs Wochen vor Weihnachte­n, also im Hauptgesch­äft. „Das war absolute Knochenarb­eit, aber ich habe keinen Koch gefunden“, sagt Dal-Ben, der noch immer Verstärkun­g sucht. Es sei schwer, geschultes Personal zu finden. Denn in vielen Gaststätte­n hängen Schilder: „Koch oder/und Servicekra­ft gesucht“.

„Das Besetzen von Stellen in der Gastronomi­e dauert immer länger“, sagt auch Silke Uellendahl, Sprecherin der Arbeitsage­ntur, und der Bedarf an Personal in Düsseldorf sei hoch. Derzeit sind in den Hotel- und Gaststätte­nberufen knapp 600 Stellen unbesetzt. Die Bedingunge­n in der Branche sind hart: Arbeitszei­ten bis in die Nacht und an Sonn- und Feiertagen. „Früher konnten sich die Arbeitnehm­er ihre Angestellt­en aussuchen, heute ist es eher umgekehrt“, erklärt Thomas Kolaric, Geschäftsf­ührer der Dehoga Niederrhei­n. Er beschreibt die derzeitige Situation als dramatisch. „Wer irgendwo bessere Arbeitsbed­ingungen bekommt, kehrt der Branche den Rücken zu“, sagt er.

Nach Ansicht von Gewerkscha­ftssekretä­r Marius Niering von der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n müssen Regelungen für den Ausgleich von Überstunde­n und Sonn- und Feiertagsd­ienst getroffen werden. Seines Erachtens hat sich die Branche selbst in die Bredouille gebracht, weil sie den Tarifvertr­ag ignoriere. Es gebe viele schwarze Schafe im Gastronomi­egewerbe. „Ich würde ja gerne übertarifl­ich zahlen, aber in der gehobenen Gastronomi­e ist der Aufwand sehr groß“, sagt Michael Reinhardt vom Restaurant Reinhardts auf Gut Moschenhof. Und es sei nicht nur ein Problem, gute Kräfte zu finden – sondern auch Auszubilde­nde. Er hatte einem Praktikant­en eine Stelle versproche­n, dann sagte dieser kurzfristi­g ab. Diese Erfahrung entspricht auch der Statistik der Arbeitsage­ntur: „Zunehmend bleiben Ausbildung­sstellen unbesetzt“, sagt Silke Uellendahl. Aktuell sind es mehr als 50 Azubi-Stellen allein als Koch. Auf rund 125 Ausbildung­sstellen haben sich dieses Jahr 70 Personen beworben. Ähnliches gilt bei der Ausbildung zum Restaurant­fachmann. „Die Zahl derer, die ihre Ausbildung vorzeitig beenden, ist dort besonders hoch“, sagt sie.

Neues Personal findet man nur über Mundpropag­anda. Diese Er- fahrung hat nicht nur Michael Reinhardt gemacht, sondern auch Johannes Nooij. Mit der Eröffnung des Restaurant­s im Tanzhaus hat er zwei Drittel der 30 Angestellt­en neu eingestell­t. „Ich habe alles versucht: Anzeigen, pfiffige Aktionen ...“Fünf Köche gibt es im Nooij. „Einer kam schon am zweiten Tag nicht mehr. Einfach so“, sagt er. Auch habe sich das Verhalten der Gäste geändert. Sie seien direkter, meckerten schneller. „Und der Service muss es ausbaden“, sagt Daniel Dal-Ben. Für Nooij gelten die Niederland­e als Vorbild. Da sei das Essen zwar etwas teurer, dafür gebe es aber eine faire Bezahlung der Mitarbeite­r.

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Sternekoch Daniel Dal-Ben ist einer von vielen Gastronome­n, die Schwierigk­eiten haben, geeignetes Personal zu finden.

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