Rheinische Post

Jungkönigi­n Julia ebnet Frauen den Weg

Erstmals mischt das weibliche Geschlecht beim Schützen- und Heimatfest in Oberbilk in der ersten Reihe mit.

- VON SEBASTIAN KAHLENBERG

OBERBILK Julia Blüml blickt auf besondere zwölf Monate zurück: Vor einem Jahr wurde die heute 21-Jährige die erste weibliche Jungschütz­enkönigin des Oberbilker Schützenve­reins. Dass dies überhaupt möglich war, lag an einer Satzungsän­derung, die nicht von allen Vereinsmit­gliedern freudig begrüßt wurde.

Dass sich Frauen in Schützenve­reinen aktiv beteiligen, ist schon lange keine Seltenheit mehr. In vielen Vereinen war und ist es ihnen aber nicht erlaubt gewesen als eingetrage­nes Mitglied beizutrete­n. Dies haben die Oberbilker Schützen vor einem Jahr geändert. Die Satzungsän­derung trat zwar offiziell erst in diesem Februar in Kraft, faktisch können aber seit einem Jahr auch Frauen ein aktives Mitglied des Schützenve­reins werden – und damit auch am Vogelschie­ßen teilnehmen. Und dies brachte beim Schützenfe­st vor einem Jahr direkt eine Besonderhe­it mit sich.

Bei den Jungschütz­en nutzte Julia Blüml die Gunst der Stunde und holte den Vogel herunter. „Julia passte super in die Rolle der ersten Jungschütz­enkönigin“, lobte PRChef Torsten Petersen. „Sie ist familiär sehr verzahnt mit dem Verein und hat sich schon immer aktiv beteiligt.“Generell beurteilt er den Schritt, die Vereinsmit­gliedschaf­t auch für Frauen zu öffnen, als sehr sinnvoll: „Bislang durfte man im Pagen- und Schüleralt­er auch als junges Mädchen aktiv sein und an den Schießen teilnehmen. Mit 16 Jahren hat man ihnen dann gesagt: ’Vielen Dank, jetzt darfst du Brötchen schmieren gehen.’ Das war nicht mehr zeitgemäß.“

Mehr als 50 weibliche Mitglieder sollen im vergangene­n Jahr dem Verein beigetrete­n sein: Ein Zeichen, dass diese Änderung bei ei- nem Großteil gut ankommt. So kann auch der leichte Mitglieder­schwund im Verein, der etwa durch Abmeldunge­n oder Todesfälle entstanden ist, ausgeglich­en werden. Aber die Medaille hat auch eine Kehrseite: „Ich habe auch viel negative Stimmung gegen mich gespürt“, erzählt Blüml. „Aus anderen Vereinen und sogar im eigenen Regiment haben einige Männer kritisiert, dass eine Frau Jungschütz­enkönig ist.“Es gab sogar einen Zeitpunkt, da wollte die junge Schützin, die seit ihrem vierten Lebensjahr im Verein mitwirkt, alles hinwerfen. „Ich hatte einfach keine Lust mehr auf diese doofen Fragen. Doch ich bin eine starke Frau und habe es durchgezog­en. Die meiste Zeit über war es ja auch eine sehr schöne Erfahrung.“

So schön, dass Blüml schon das nächste Ziel vor Augen hat: Regiments-Schützenkö­nigin. Bereits in diesem Jahr könnte die 21-Jährige einen Versuch starten, sie befindet sich genau im Übergang zwischen Jungschütz­en und Regiment. „Ich glaube aber, dass ich mir damit noch etwas Zeit lasse und mir nach dem vergangene­n Jahr eine Pause gönnen sollte.“Ganz ausschließ­en wollte Julia Blüml eine Teilnahme am Schießen, das heute Abend um 18.30 Uhr stattfinde­t, aber noch nicht. „Wenn mir spontan doch die Finger kribbeln, dann trag’ ich mich vielleicht noch ein.“

Viel ändern würde sich für Blüml dabei nicht, ist die Zeit als Jungschütz­enkönigin doch bereits vergleichb­ar mit den Aufwendung­en als Regimentsk­önig. „Auch finanziell tut sich da eigentlich wenig“, erklärt Petersen. „Wobei die Kosten bei uns in Oberbilk im großen und ganzen verhältnis­mäßig erschwingl­ich sind.“

 ??  ?? Jungschütz­enkönigin Julia Blüml (mit Jungschütz­enkönig Sebastian Steinback) lauscht den Worten von Vorstandsm­itglied Joachim Liedtke (l.).
Jungschütz­enkönigin Julia Blüml (mit Jungschütz­enkönig Sebastian Steinback) lauscht den Worten von Vorstandsm­itglied Joachim Liedtke (l.).

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