Opposition: Schwarz-Gelbe Pläne kosten drei Milliarden mehr
DÜSSELDORF Die Stäbe der neuen NRW-Minister haben gerade alle Hände voll zu tun: Bis zum 10. August müssen die Mitglieder der Landesregierung an NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) melden, wie viel zusätzliches Geld sie im laufenden Jahr haben wollen – über die von der Vorgängerregierung geplanten Ausgaben hinaus.
Die neue Landesregierung hat bereits einen Nachtragshaushalt angekündigt. Unter anderem um die angeblich sofort notwendige Aufstockung der Polizei und ein akutes Rettungsprogramm für die NRW- Kindergärten finanzieren zu können. Lienenkämper erklärte zudem: „Wir überprüfen bei der Bestandsaufnahme den Haushalt auch auf vorhandene Risiken und Buchungstricks der Vorgängerregierung.“
Einige davon scheint es tatsächlich zu geben. So enthält die korrigierte Neuverschuldungs-Hochrechnung des bisherigen Finanzministers Norbert Walter-Borjans (SPD) im Kleingedruckten Risiken, die man genauso gut auch im Großgedruckten hätte abbilden können. Unter anderem hat er so getan, als ließen sich in großem Umfang Stellen mit „KW-Vermerk“abbauen. Walter-Borjans nimmt eine best- mögliche Entwicklung der Personalkosten an. „KW“meint: „Kann wegfallen“. Verwaltungsinsider wissen, dass diese Stellen noch lange nicht abgebaut werden können, nur weil sie für überflüssig gehalten werden. Und wenn, dann auch selten so schnell, wie kalkuliert.
Weitere Risiken sind Insidern zufolge die rechtlichen Unsicherheiten bei der vorzeitigen Rückzahlung eines Kredites, den das Land dem eigenen Landesbaubetrieb BLB eingeräumt hat. Unter Umständen ist diese Rückzahlung in dreistelliger Millionenhöhe rechtlich angreifbar und muss vom Land doch wieder an den BLB zurückfließen. Strittig ist auch, ob das Land unter der Vorgängerregierung genug in die Pensionskassen eingezahlt hat.
Auf das von ihr selbst zu verantwortende Konto der neuen Landesregierung werden beim Nachtragshaushalt andere Positionen gehen. Die Aufstockung der Polizeianwärter von derzeit 2000 auf 2300 wird den Nachtragshaushalt nach Recherchen unserer Redaktion mit mindestens fünf Millionen Euro belasten. Hinzu kommt das Rettungspaket für die Kindergärten, das noch im laufenden Jahr starten soll.
Beim Gros der sonstigen Wahlversprechen der neuen Regierung ist unklar, ab wann und in welcher Höhe sie den Landeshaushalt belasten. Die Opposition geht davon aus, dass Schwarz-Gelb Mehrkosten in Höhe von mindestens drei Milliarden Euro versprochen hat. Zum Beispiel für die Aufstockung des Personals bei Lehrern, Justiz und Hochschulen, für die Digitalisierung und den Breitbandausbau, bessere Straßen und mehr Kultur. Nicht zuletzt will Schwarz-Gelb den Kommunalsoli abschaffen, ohne die Empfänger-Kommunen schlechter zu stellen. Vermutlich kostet allein das zusätzliche 91 Millionen Euro pro Jahr. Gleichzeitig will die neue Landesregierung auf Einnahmen verzichten – etwa bei der Grunderwerbssteuer.
Bezahlbar ist das dank sprudelnder Steuerquellen und zusätzlichen Einnahmen aus dem gerade neu verhandelten Länderfinanzausgleich, der Einnahmen in Milliardenhöhe in die Kassen spült.
Diese zusätzlichen Steuereinnahmen dürfen CDU und FDP aber eigentlich gar nicht antasten. Sie sollen eigentlich in die Schuldentilgung fließen. Das haben sie zumindest in ihren Wahlprogrammen so versprochen – auch wenn das Versprechen im Koalitionsvertrag nicht mehr auftaucht. Wie diese Rechnung aufgehen soll, fragen sich selbst Haushälter aus dem Regierungslager.