Rheinische Post

NRW-Kommunen lassen Millionen liegen

Selten stand Städten und Gemeinden so viel Fördergeld zur Verfügung. Sie können es aber nicht abrufen – in den Ämtern fehlen Fachleute.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Aufgrund von Planungsen­gpässen in den Behörden kommen Fördergeld­er in Millionenh­öhe nicht bei den Kommunen an. Die nordrhein-westfälisc­he Bauund Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) bestätigte auf Nachfrage unserer Redaktion: „Für wichtige Infrastruk­turprojekt­e wie die Modernisie­rung von Schulen oder von Straßen steht so viel Fördergeld wie selten zuvor bereit. Aber die Kommunen rufen das Geld nur sehr zögerlich ab.“ ruf der Fördergeld­er liegt in der Personalau­sstattung der technische­n Ämter in den Kommunen. Es fehlen dort schlicht die Kapazitäte­n, um das Geld zu verplanen.“Die Zeit drängt: Fördergeld­er, die die Kommunen nicht abrufen, verfallen.

Hinzu kommt laut Scharrenba­ch, dass die Handwerker in vielen Regionen des Landes wegen des aktuellen Baubooms ausgelaste­t sind. „Teilweise bekommen die Kommunen auf Ausschreib­ungen gar keine oder nur überteuert­e Angebote“, weiß die Bauministe­rin aus vielen Gesprächen mit den Kommunen. Maßnahmen zur energetisc­hen Sanierung der Schulen städtebaul­iche Maßnahmen

Die Bundesregi­erung hat bereits reagiert und die Fristen für den Abruf von Mitteln aus dem Kommunalin­vestitions­förderungs­gesetz verlängert. Scharrenba­ch prüft derzeit, ob dies auch bei den Förderprog­rammen des Landes möglich ist. „Wir wollen vor allem beim Förderprog­ramm ,Gute Schule’ eine Verlängeru­ng der Abruffrist­en erreichen“, so Scharrenba­ch. Denn es dürfe „nicht sein, dass unsere Schulkinde­r unter den Planungsen­gpässen in den Behörden leiden“.

Der Städte- und Gemeindebu­nd bestätigt, dass die Planungsab­teiVerwend­ung**: Maßnahmen zur energetisc­hen Sanierung sonstiger Infrastruk­tur Einrichtun­gen der frühkindli­chen Bildung Lärmbekämp­fung lungen in den Kommunen zum Flaschenha­ls geworden sind. „Wir haben tatsächlic­h einen Engpass bei den Planungsäm­tern“, sagt Claus Hamacher, Finanzexpe­rte beim Städte- und Gemeindebu­nd. Dies sei auch eine Spätfolge der weit verbreitet­en Philosophi­e „Privat vor Staat“. Viele Kommunen haben Planungspe­rsonal abgebaut und lassen die Arbeit von Privatfirm­en machen. Hamacher: „Und jetzt stellen viele Kommunen fest, dass sie auch für die Steuerung von Vergabepro­zessen mehr eigenes Personal brauchen als gedacht.“

Zum anderen verzögere die aktuell enorm hohe Auslastung bei den ausführend­en Firmen die Umsetzung. Hamacher: „Weil das Fördergeld erst fließen darf, wenn die Projekte fertiggest­ellt sind, sind viele Fristen derzeit nicht zu schaffen.“

Ein wesentlich­er Umschlagpl­atz für kommunale Förderung ist die landeseige­ne NRW-Bank. Der ehemalige Bocholter Baudezerne­nt Ulrich Paßlick ist Berater der Bank und kennt das Problem. „Zwar ist das Land sehr geschickt beim Finden von Wegen, um das Geld auch über die Fristen hinaus für die KommuVerwe­ndung: Modernisie­rung, Sanierung und Ausstattun­g von Schulen nen verfügbar zu halten“, sagt Paßlick, „aber diese Tricks haben Grenzen. Unter dem Strich bleiben wegen der Planungsen­gpässe trotzdem etliche Millionen liegen.“

Den genauen Umfang der verfallene­n Fördergeld­er würden selbst Experten nicht kennen: „Keiner der Beteiligte­n hat ein Interesse daran, diese Zahl auszurechn­en“, sagt Paßlick. Sein Rat richtet sich an alle politische­n Ebenen: „Der Bund sollte für kontinuier­lichere Mittelflüs­se sorgen, das Land für einfachere Verfahren, und die Kommunen müssen effiziente­r arbeiten.“

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