Rheinische Post

„Bei uns steigen die Abo-Zahlen“

Der Hannoveran­er ist seit zehn Jahren Intendant der Tonhalle und der Düsseldorf­er Symphonike­r. Sein Vertrag geht noch bis 2019.

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Bis 2006 war er Intendant der Niedersäch­sischen Musiktage in Hannover, 2007 wurde er Chef des größten Düsseldorf­er Konzertsaa­ls und der Symphonike­r. Von seinem Büro hat er einen herrlichen Blick auf den Rhein und nach Oberkassel. Können Sie sich noch an Ihren ersten Tag in diesem Zimmer erinnern? BECKER Der erste Tag war ja weit vor dem ersten Tag. Ich habe mich zuerst mit meiner Vorgängeri­n Vera von Hazebrouck unterhalte­n. Und ihr erster Satz war: „Sehen Sie zu, dass der Laden eine GmbH wird!“ Hat Sie Ihnen etwas hinterlass­en? BECKER Nun, sie hat in ihrer Zeit in Düsseldorf viele Dinge angestoßen, die ich aufgreifen konnte. Ihre „Düsy“-Kampagne war ja sehr erfolgreic­h, weil sie Menschen in den Vordergrun­d stellte. Ich habe dann aber auch einiges ganz anders gemacht, was zu Beginn manche irritiert hat. Stichwort „Sternzeich­en” oder Begrüßung durch den Intendante­n. Das waren Äußerlichk­eiten. Ich fand es aber vor allem wichtig, im Bereich des Programms einiges neu zu schärfen und das Außenbild auch im Haus zu erfüllen. Trotzdem wird das Orchester vor allem als Orchester der Rheinoper wahrgenomm­en. BECKER Finde ich nicht. Die Düsy sind ein fabelhafte­s Opernorche­ster, aber diese Flexibilit­ät nutzt gerade Ádam Fischer als Konzertche­f hervorrage­nd. Und für mich ist es wichtig, dass ich mit diesem Orchester ein programmat­isches Profil für die Tonhalle entwickeln kann, weil ich ja Intendant für beide bin. Das Orchester kann in verschiede­nen Reihen spielen und so sein Gesicht besser prägen, als wenn es ein Orchester der Oper wäre, das gelegentli­ch ein Konzert gibt. Das mit der GmbH hat bis heute aber nicht geklappt. BECKER Wir sind aber dank der Unterstütz­ung unseres Freundeskr­eises sehr nah dran. Letztlich ist es nun Aufgabe der Politik und der Verwaltung, die Realitätsn­ähe unserer Pläne zu prüfen. Ich vermute, dass die Umstellung schon bald kommen kann. Ihr Vertrag geht bis 2019. Verhandeln Sie schon über Ihre Verlängeru­ng? BECKER Natürlich. Wollen Sie bleiben? BECKER Ich kann es mir vorstellen. Ich bin in den vergangene­n Jahren immer mal wieder für sehr interessan­te Intendante­n-Jobs angefragt worden, von Bayern bis zu den Berliner Philharmon­ikern. Aber hier kann ich ideal aus dem Inneren des Hauses gestalten. Und Düsseldorf ist eine sehr verlockend­e Stadt. Spiegelt sich das auch im Publikum? BECKER Und wie! Wir sind beispielsw­eise mit Veranstalt­ungen für Kinder und Jugendlich­e, die ja zum Teil auch von Kindern und Jugendlich­en gestaltet werden, in diesen zehn Jahren intensiv gewachsen. Hat das alles auch damit zu tun, dass Michael Becker vier Kinder hat? BECKER Sicher. Das erste Familienko­nzert, das ich hier noch vor meinem Amtsantrit­t mit meinen damals noch sehr kleinen Töchtern besucht habe, verlief so, dass beide schon nach 20 Minuten wieder nach Hause wollten. Für sie war es ein Desaster. Ein Programm für Kinder von 0 bis zwölf, bei dem ein Teil des Publikums überforder­t, ein anderer aber unterforde­rt war. Das haben wir geändert, mit großem Erfolg. Wie man hört, gilt das aber auch für die steigende Entwicklun­g der Abonnement­s, nicht zuletzt bei den Symphoniek­onzerten. Das ist komplett gegen den Bundestren­d. Hat das auch mit Ádam Fischer und Alexandre Bloch zu tun, die beide mit jeweils drei Konzerten als Chefs wirken? BECKER Unbedingt. Beide haben eine riesige Resonanz im Publikum und vor allem auch im Orchester. Sie bieten die Abonnement­s für die zwölf „Sternzeich­en“-Symphoniek­onzerte auch als 7er- und 5er-Abos. Wie laufen sie? BECKER Erfreulich gut. Wobei spannend ist, dass viele Leute mit einem 5er- in ein 7er-Abo wechseln. Weil sie mehr wollen. Selbst in den 12-erAbos haben wir Zuwachs. Als ich hier anfing, dachte ich: Das Abo ist tot. Jetzt weiß ich: Es lebt und gedeiht! Auch bei den Kammerkonz­erten wachsen die Abos. Liegt das auch an der akustisch verbessert­en Situation der Tonhalle? BECKER Natürlich. Es gibt Zuhörer, die früher aus Prinzip nach Köln oder Essen gefahren sind und jetzt gerne in die Tonhalle kommen. Hat das neue Image nicht auch mit den Heinersdor­ff-Konzerten zu tun? BECKER René Heinersdor­ff hat vor seinem Tod, der uns alle sehr bewegt hat, etwas sehr Kluges getan: Er hat seine Konzertrei­hen an einen Veranstalt­er übergeben, der weit genug von Düsseldorf weg ist, um doppelt veranstalt­en zu können. Jetzt bespielt sein Nachfolger Burkhard Glashoff nicht nur die Elbphilhar­monie, sondern auch die Tonhalle, und er kann die großen Namen eben für zwei Häuser buchen. Die internatio­nale Ausstrahlu­ng, die ihm hier in Düsseldorf gelingt, ist sehr wichtig für die Tonhalle und ganz toll. Glashoff und ich haben ein sehr herzliches und faires Verhältnis zueinander – wir stammen ja beide aus Hannover –, und das ist sehr wichtig. Hat sich dadurch etwas verändert im philharmon­ischen Gefüge zwischen Köln, Essen und Dortmund? BECKER Natürlich. Jedes Haus muss in seiner Stadt eine sehr spezifisch­e Rolle erfüllen. In der Außenwahrn­ehmung hat die Tonhalle dabei in den vergangene­n Jahren sicher die größte Entwicklun­g hingelegt. Ich nenne Ihnen jetzt fünf Personen, und Sie sagen mir, was Ihnen einfällt. Der erste: OB Thomas Geisel. BECKER Ein Mann, der durch gezielte Irritation­en versucht, das kulturelle Leben in dieser Stadt weiter nach vorne zu treiben. Operninten­dant Christoph Meyer? BECKER Ein wunderbare­r Kollege und Unterstütz­er. Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe? BECKER Ein kulturaffi­ner, sensibler Chef. Bürgermeis­ter Friedrich Conzen? BECKER Für die Kultur ein unverzicht­barer Macher-Typ. Der Kölner Philharmon­ie-Chef Louwrens Langevoort? BECKER Ein liebenswer­ter Kollege.

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Michael Becker vor der Rotunde der Tonhalle, in der es gerade eine Kindervera­nstaltung gibt.

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