Rheinische Post

Brief nicht zugestellt – Bank sperrt Konto

Weil der Postbote offenbar den Briefkaste­n von Udo Gerdemann nicht fand, vermerkte er, der 68-Jährige sei umgezogen. Er hat aber seit 60 Jahren dieselbe Adresse. Das Problem: Der Brief kam von der Bank.

- VON LAURA IHME

Udo Gerdemann hat derzeit mit allerlei Papierkram zu kämpfen: Ebay und Amazon muss er erklären, dass er nicht zahlungsun­fähig ist, von der Schufa will er wissen, ob er jetzt einen negativen Eintrag hat. Und bei Post und Postbank versucht er, herauszufi­nden, wie es dazu kam, dass ein Briefträge­r feststellt­e, er sei „unbekannt verzogen oder verstorben“. Denn in der Folge wurde sein Bankkonto gesperrt. „Ich verstehe nicht, wie das passieren kann“, sagt der 68Jährige.

Rückblick: Im August schickt Gerdemanns Bank, die Postbank, ihm wie üblich seine Kontoauszü­ge mit der Post. Statt seiner Stammbrief­trägerin trägt ein anderer Bote kurz darauf den Brief an der Friedrich-LauStraße in Golzheim, wo Gerdemann lebt, aus. Doch er findet offenbar den Briefkaste­n nicht und vermerkt: „Unbekannt verzogen oder verstorben.“Der Brief wird zurück an die Bank geschickt. Und damit beginnt das Chaos, von dem Udo Gerdemann in diesem Augenblick noch nichts ahnt: Die Bank nämlich sperrt sein Konto. Sie ist dazu gesetzlich verpflicht­et, wenn die Anschrift des Kunden nicht mehr bekannt ist.

Gerdemann merkt das einige Tage später, als sich jemand bei ihm meldet, dem er Geld überweisen wollte und bei dem dieses nicht angekommen ist. „Ich kam gerade aus dem Krankenhau­s und habe dann gesehen, dass mein Konto gesperrt ist und mehrere Aufträge nicht rausgegang­en sind“, sagt er. Schnell eilt er zur Bankfilial­e und erfährt von dem Problem mit der Adresse. Sie entsperrt das Konto und hinterlegt die neue alte Adresse. Für Gerdemann geht der Ärger nun aber erst richtig los, denn er muss alle Aufträge erneuern, etwa dem Versandhan­del Amazon, bei dem er etwas bestellt hatte, Bescheid geben, dass das Geld nun kommt. Und der Stadt, bei der er ein Knöllchen nun nicht rechtzeiti­g bezahlt hat, muss er beweisen, dass er die Verzögerun­g nicht verursacht hat. Man glaubt ihm. Dennoch ist die Sache ärgerlich und Gerdemann fragt sich: Wie passiert so etwas?

Schließlic­h wohnt er seit 60 Jahren an derselben Adresse, sein Briefkaste­n hängt neben den anderen im Mehrfamili­enhaus. Die Post kann nur Vermutunge­n darüber anstellen, was passiert ist: „Es kann sein, dass die Adresse fehlerhaft war. Oder aber, es ist die Schuld des Zustellers, dann tut uns das sehr leid“, sagt Postsprech­er Rainer Ernzer. Genau nachprüfen könne er den Sachverhal­t nur, wenn er besagten Brief anschauen könne. Denn dort muss der Zusteller sein Kürzel setzen, wenn er die Bemerkung „unbekannt verzogen oder verstorben“darauf schreibt. Dieser Brief ist weg, vermutlich im Müll bei der Postbank gelandet. Die Bank indes betont, gesetzesko­nform gehandelt zu haben. Vor der Sperrung habe man Gerdemann zudem in seinem Online-BankingPos­tfach über das Adress-Problem informiert. Gerdemann fragt, warum er nicht angerufen wurde. Dazu reichten die Kapazitäte­n nicht, sagt die Bank. Udo Gerdemann überlegt nun, das Institut zu wechseln.

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