2166 kriminelle Rocker in NRW
Die Polizei hat in 16 NRW-Städten Räumlichkeiten im Rockermilieu durchsucht. Schwerpunkt der Aktion war Erkrath, wo zwei Vereinsverbote verhängt wurden. Die Polizei stellte das Vereinsvermögen sicher.
DÜSSELDORF Es ist kurz nach sechs Uhr am Morgen, als in Erkrath der Zugriff erfolgt. Spezialeinsatzkräfte durchsuchen zwölf Wohnungen und Vereinsräumlichkeiten im Rockermilieu. Die Polizisten sind gekommen, um ein Verbot gegen den örtlichen Hells-Angels-Ableger „Concrete City“und dessen Unterstützer-Organisation „Clan 81 Germany“durchzusetzen. „Wir haben ihnen mündlich und schriftlich mitgeteilt, dass ihre Organisationen nun verboten sind“, sagt ein Polizeisprecher. Die Mitglieder des Vereins seien nachweislich kriminell, begründet NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Maßnahme. Ihr Alltag bestehe aus Gewalt, Waffen, Drogen und Zwangsprostitution: „Der Rechtsstaat nimmt nicht hin, dass Parallelgesellschaften wuchern, in denen seine Autorität und das Gewaltmonopol missachtet werden.“ Landeskriminalamtes (LKA) hervorgeht, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach haben die Hells Angels in NRW 307 Mitglieder und sind nach den Bandidos, mit denen sie verfeindet sind, und Gremium MC die drittgrößte Rockervereinigung des Landes. Insgesamt zählt das LKA in NRW derzeit 2166 Rocker; die mit Abstand meisten Mitglieder haben mit 890 die Bandidos. Von den Mitgliedern der Clubs geht ein hohes Gefahrenpotenzial aus. „Sowohl bei vorbereiteten Auseinandersetzungen als auch bei spontanen Gewalttätigkeiten ist mit dem Einsatz von Waffen zu rechnen. Dies gilt insbesondere für Schusswaffen“, heißt es in dem LKA-Bericht. „In diesem Zusammenhang können Gefahrensituationen auch für Unbeteiligte nicht ausgeschlossen werden.“
Die Hells Angels hatten ihre Aktivitäten vor einiger Zeit ins beschauliche Erkrath verlagert, nachdem in Düsseldorf der letzte SupporterClub, der „Clan 81“, verboten wor- den war. „Es zeichnete sich schon länger ab, dass sich in Erkrath etwas zusammenbraut. Wir hatten dort in letzter Zeit immer wieder Einsätze. Es gab dort Konflikte mit libanesischen Großfamilien“, sagt ein Ermittler aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität. „Wir mussten dem etwas entgegensetzen und durften uns nicht weiter von ihnen auf der Nase herumtanzen lassen“, sagt Reul und ergänzt: „Wir beobachten die Rocker-Szene ganz genau und kennen die Akteure und Strukturen. Dadurch sind wir in der Lage, einzelne Charter und Chapter gezielt zu zerschlagen.“
Ein Rechtsanwalt der Hells Angels kritisierte den gestrigen Großeinsatz der Polizei gegen die Rocker. Die Polizei sei weit über das Ziel hinausgeschossen, sagte der Jurist. Es seien Dinge beschlagnahmt worden, die nicht vom Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf umfasst gewesen seien, sagte er. Der Anwalt kündigte an, rechtliche Schritte gegen das Vereinsverbot zu prüfen. Bei der Polizei sehe man dieser Ankündigung gelassen entgegen, hieß es.
Die Polizei unterscheidet zwischen Rocker-Gangs, den sogenannten „Outlaw-MotorcycleGangs“wie den Bandidos, Hells Angels sowie Freeway Riders, und rockerähnlichen Gruppierungen. Dazu gehören in NRW die Black Jackets, die United Tribuns und die Osmanen Germania BC. Diese würden auch überregional an Bedeutung gewinnen, so die Polizei.
Während die Bandidos das Ruhrgebiet kontrollieren, haben sich ihre Erzfeinde, die Hells Angels, vor allem im Rheinland ausgebreitet. Als Hochburg der Hells Angels in Nordrhein-Westfalen gilt Köln. Doch nach wie vor überschneiden sich die Interessen der verfeindeten Rockerclubs im Ruhrgebiet, vor allem in Duisburg. Grund für die Revierkämpfe dort ist eines der größten Rotlichtviertel Deutschlands: Monatlich verdienen die Betreiber laut Polizei rund eine Million Euro.