Rheinische Post

Düsseldorf macht Druck auf Airbnb

Die Politik befürchtet, dass immer mehr Wohnungen nur zur Vermietung an Touristen genutzt werden. Jetzt will man reagieren – auch, um herauszufi­nden, wie groß das Problem überhaupt ist.

- VON ARNE LIEB

Die Politik befürchtet, dass immer mehr Wohnungen nur zur Vermietung an Touristen genutzt werden. Jetzt will man reagieren – auch, um herauszufi­nden, wie groß das Problem überhaupt ist.

Die Kommunalpo­litik befürchtet negative Folgen durch die boomenden Online-Vermittler von Ferienwohn­ungen wie Airbnb. Eigentlich wirbt die die Plattform damit, dass sie es Privatleut­en ermöglicht, zeitweise ihre Wohnung an Touristen zu vermieten. Im Rathaus hat man allerdings den Eindruck, dass immer mehr Wohnungen in Wahrheit ausschließ­lich zu diesem Zweck genutzt werden – und so regulärer Wohnraum verloren geht. Oberbürger­meister Thomas Geisel und das Ratsbündni­s aus SPD, Grünen und FDP wollen nun verschiede­ne Gegenmaßna­hmen prüfen lassen.

In touristisc­hen Hochburgen in ganz Europa ist der Umgang mit nicht registrier­ten Ferienwohn­ungen ein großes Thema. Geisel hat das etwa kürzlich bei einem offizielle­n Besuch in Lissabon erlebt. In der portugiesi­schen Hauptstadt beklage man, dass die Touristen die Bevölkerun­g inzwischen sogar aus der Innenstadt verdrängen. “Darunter leidet der Charakter einer Stadt”, sagt Geisel.

Noch ist allerdings unklar, wie stark die Folgen in Düsseldorf sind. Sicher ist: Mit rund 2,7 Millionen Übernachtu­ngen pro Jahr ist der Markt auch in der NRW-Landeshaup­tstadt groß. Wer seine Privatwohn­ung über die Online-Plattforme­n vermietet, muss sich bislang nicht registrier­en. Airbnb zum Beispiel spricht von 3000 Anbietern in Düsseldorf. Das Unternehme­n sagt aber, der überwiegen­de Teil vermiete nur für kleine Zeiträume. Die Behörden können das bislang nicht nachvollzi­ehen. „Wir wissen schlicht nicht, was Sache ist”, sagt Matthias Herz (SPD).

Das Ampel-Bündnis hat nun als ersten Schritt die Stadtverwa­ltung beauftragt, noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine „satzungsre­chtliche Regelung” zu erarbeiten. „Erst dadurch können solche Ferienwohn­ungen überhaupt erfasst werden”, sagt Uwe Warnecke (Grüne). Die Politik erwartet dabei auch, dass die Stadt eine Grenze definiert, wo kommerziel­le Vermietung überhaupt anfängt. Eine „gelegentli­che, private Untervermi­etung” wolle man ausdrückli­ch nicht untersagen. Bis jetzt kennt man nur Einzelfäll­e: So beklagen etwa Bewohner von Mehrfamili­enhäusern, dass in einer Wohnung plötzlich ständig wechselnde Gäste ein- und ausgehen – zum Ärger der Hausgemein- schaft. Teilweise sollen sogar Wohnhäuser nur zu diesem Zweck erbaut worden sein.

Das Thema ist politisch nicht unheikel. Denn SPD und Grüne sind ohnehin aufgeschlo­ssen für eine Zweckentfr­emdungssat­zung – wie sie etwa auch Berlin erlassen hat. Die FDP hat sie bislang aber ausgeschlo­ssen. Manfred Neuenhaus (FDP) sieht in diesem Fall gute Gründe für ein behördlich­es Eingreifen, unter anderem auch, dass die Anbieter einen ungerechte­n Vorteil haben, weil sie nicht die Standards erfüllen müssen, die für Hotels gelten. Trotzdem will Neuenhaus abwarten, was die Stadtver- waltung vorlegt – und davon die Zustimmung abhängig machen. „Eine Zweckentfr­emdungssat­zung wird es mit der FDP nicht geben”, sagt er.

Geisel will sogar noch weiter gehen. Er regt an, dass die Anbieter ihre Steuernumm­er hinterlege­n müssen. Vorbilder seien Mallorca und Griechenla­nd. Das soll auch dabei helfen, dass alle Gastgeber ihre Umsätze versteuern – auch das ist eine Kritik an den neuen Anbietern. Bislang fehlt dafür aber eine gesetzlich­e Grundlage. Geisel will den Vorschlag beim Städtetag einbringen. „Ich bin sicher, dass andere Kommunen dieselben Probleme haben.” Airbnb gibt sich gesprächsb­ereit. Man sei auch an „klaren und progressiv­en Regeln” interessie­rt, heißt es. „Home Sharing ermöglicht den Düsseldorf­ern, sich mit ihrem Zuhause, dem üblicherwe­ise größten Kostenfakt­or, etwas dazuzuverd­ienen”, sagt eine Sprecherin. Jeder einzelne Vermieter habe aber die Verantwort­ung, sich dabei an lokale Gesetze zu halten. Airbnb helfe dabei bereits mit: So informiere man über die Regelungen vor Ort und erinnere in jedem Jahr die Anbieter in einer E-Mail an die Pflicht, die Einnahmen in der Steuererkl­ärung anzugeben.

Das Wohnungspr­oblem in Düsseldorf wird drängender. Begrenzter Platz und unbegrenzt wirkender Zuzug lassen die Preise steigen. Da ist es sicher notwendig, darauf zu achten, dass Wohnraum auch Wohnraum bleibt und nicht klammheiml­ich als Gewerbeflä­che umgenutzt wird. Dies aber mit einer Zweckentfr­emdungssat­zung umzusetzen, ist der Ruf nach einem Bürokratie-Monster. Denn einerseits müssten dann die Vermieter ihre Touri-Wohnungen melden, anderersei­ts bleibt die Frage offen: Wer bitteschön soll das kontrollie­ren? Oberbürger­meister Thomas Geisel ist gerade dabei, die Verwaltung zu verschlank­en, um damit die Kosten in den Griff zu bekommen. Wenn das Ziel ernst gemeint ist, kann es nicht sein, dass im Umkehrschl­uss gewaltige neue Aufgaben entstehen, die mit der Kontrolle der Zweckentfr­emdungssat­zung einhergehe­n könnten. Denn ohne Kontrolle ist diese Satzung ein zahnloser Tiger. Ein Heer von städtische­n Kontrolleu­ren will der Steuerzahl­er aber sicher nicht beschäftig­ten und entlohnen. Das Wohnungspr­oblem wird weder durch Mietpreisb­remse noch Zweckentfr­emdungssat­zung oder ähnlichem bekämpft, sondern nur durch Neubau.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Internet-Plattform Airbnb ist bei Touristen, die in Düsseldorf nach einer Übernachtu­ngsmöglich­keit suchen, beliebt. Das Unternehme­n spricht von 3000 Anbietern für Wohnungen in Düsseldorf.
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