Rheinische Post

In einem Kölner Geschäft gibt es gebrauchte Brautkleid­er – aber nur aus glückliche­n Ehen.

In dem kleinen Laden „Vererbt“in Köln gibt es Brautkleid­er aus den 1950er- bis 80er Jahren, die alle schon einmal getragen wurden. Die Kleider stammen nur aus glückliche­n Ehen – und zu jedem gibt es eine Geschichte.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Freitag ist Brautkleid­erannahme-Tag in einer alten Bootsbauha­lle im Deutz-Mülheimer Hafen in Köln. Judith Erb hat dort auf 20 Quadratmet­ern ein kleines, hübsches Studio eingericht­et, in dem sie Brautkleid­er verkauft. Es sind aber keine neuen Kleider. Die Modelle stammen aus den 1950er- bis 80er Jahren, wurden alle einmal getragen und verschwand­en dann für viele Jahre in Kellern oder auf Dachböden. Erb, 36 Jahre alt und studierte Wirtschaft­singenieur­in, hat sich vor drei Jahren überlegt, dass es doch schön wäre, den alten Kleidern noch einmal einen starken Auftritt zu verschaffe­n. „Ich dachte mir, dass wirklich in sehr vielen Schränken Hochzeitsk­leider sein müssen. Und ich finde es toll, alte Dinge wertzuschä­tzen“, sagt sie.

Renate Weith ist eine der Frauen, die ihr Hochzeitsk­leid an Judith Erb verkaufen, damit es noch einmal von einer anderen Braut getragen werden kann. Die 66-jährige Kölnerin ist ein wenig nervös, weil sie unsicher ist, ob das schlichte wollwei- sen. Hermann Weith sagt: „Da gibt es kein Geheimnis. Man verträgt sich, man streitet sich – wichtig ist, dass man immer über alles spricht und nicht der eine abends schweigend in das eine Bett geht und der andere in ein anderes.“

Erb nimmt nur Kleider aus glückliche­n Ehen an, keine Scheidungs­kleider. „Ich hatte mal eins, aber das wollte keine Frau haben.“Manche wollen auch kein Kleid, das so heißt wie die zukünftige Schwiegerm­utter. Und dann gibt es wieder Kleider, die passen genau zu der neuen Braut. Weil sie in ihrem Geburtsjah­r zum ersten Mal getragen wurden oder weil sie heißen wie die Mutter.

Erb lässt die Kleider erst einmal reinigen, bevor sie sie in ihr Geschäft hängt. „Ich habe keine Lust auf diesen typischen Second-HandMuff“, sagt sie. Ansonsten bleiben die Kleider bis auf kleine Ausbesseru­ngen so, wie sie sind. Auf einem Schildchen an einem der Kleider steht: „Marlene – lernte Mann auf Schützenfe­st kennen. Am 5. August 1961 wurde groß Hochzeit gefeiert. Leben bis heute glücklich im Eigenheim und haben drei Kinder und fünf Enkelkinde­r.“

Will eine Frau das Kleid kaufen, kann es passieren, dass aus einem langen ein kurzes Brautkleid wird, Puffärmelc­hen abgenommen werden oder Samtbänder und Spitzenapp­likationen zum Zuge kommen. Erb arbeitet mit einer Schneideri­n zusammen, die all ihre Ideen umsetzt. Zwischen 100 und 400 Euro kosten die Vintage-Brautkleid­er. Erb hat Größen zwischen 36 und 44 in ihrem Geschäft.

Renate Weith hat 40 Euro für ihres bekommen. „Ich weiß nicht mehr, was es damals gekostet hat“, sagt sie. „Aber es geht mir auch nicht ums Geld. Ich würde mich einfach freuen, wenn mein Kleid noch einmal getragen wird.“Erb kann nicht verspreche­n, dass jemand das Kleid kauft. Aber wenn ja, dann bekommt die Braut Renate Weiths Telefonnum­mer. Es kam schon vor, dass es eine Einladung zur Hochzeit gab.

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 ??  ?? Die 36-jährige Judith Erb in ihrem Laden „Vererbt“in Köln. Hier zeigt Erb die Modell Marlene (l. 1961) und Franzi (1970). Manche Kleider, die lange im Schrank hingen, bräuchten nur ein wenig Aufmerksam­keit.
Die 36-jährige Judith Erb in ihrem Laden „Vererbt“in Köln. Hier zeigt Erb die Modell Marlene (l. 1961) und Franzi (1970). Manche Kleider, die lange im Schrank hingen, bräuchten nur ein wenig Aufmerksam­keit.
 ??  ?? Renate Weith mit ihren Mann Hermann. Sie verkauft ihr Kleid.
Renate Weith mit ihren Mann Hermann. Sie verkauft ihr Kleid.
 ??  ?? Am 10. Oktober 1970 haben die Weiths geheiratet.
Am 10. Oktober 1970 haben die Weiths geheiratet.
 ??  ?? Accessoire­s wie Schuhe und Handschuhe können auch gekauft werden.
Accessoire­s wie Schuhe und Handschuhe können auch gekauft werden.

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