Sparkassen-Chef unter Verdacht
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Verbandspräsidenten Georg Fahrenschon wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Der Ex-Finanzminister räumt ein, drei Erklärungen zu spät abgegeben zu haben.
MÜNCHEN Mitten in die Diskussion um Steueroasen und deren Nutzung durch zahlreiche Prominente platzt ein Verdachtsfall aus dem Sparkassen-Lager: Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung gegen den Präsidenten des Bundesverbandes DSGV, Georg Fahrenschon (49). Die Behörde hat einen Strafbefehl beantragt. Gegen den wehrt sich Fahrenschon, so dass es nach derzeitigem Stand einen Prozess vor dem Amtsgericht München geben wird. Nach unbestätigten Informationen unserer Redaktion hat das Gericht einen Termin im Dezember vorgeschlagen, der aber noch nicht fix ist.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen früheren bayerischen Finanzminister, nachdem er die Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2014 erst im Jahr 2016 abgegeben hat. „Die Staatsanwaltschaft München I führt ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Georg Fahrenschon wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und hat des- halb Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beim zuständigen Amtsgericht München erhoben. Gegen diesen Strafbefehl hat der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger Einspruch eingelegt“, teilte die Behörde mit.
Fahrenschon hat in einer persönlichen Erklärung, über die zunächst die „Bild am Sonntag“berichtet hatte, die verspätete Abgabe eingeräumt, wehrt sich aber gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung: „Ich habe meine Umsatzund Einkommensteuererklärungen für 2012 bis 2014 verspätet im Jahr 2016 abgegeben. Alle Steuern und Säumniszuschläge wurden gezahlt. Die verspätete und schrittweise Abgabe ist ein kritikwürdiger Fehler, aber keine Straftat. Deshalb habe ich den erlassenen Strafbefehl nicht akzeptiert, sondern das zuständige Gericht um eine Entscheidung gebeten.“Fahrenschon bezeichnete die Abgabe erst im Jahr 2016 als „Versäumnis, das er sehr bedaure. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass mir meine Vorbildrolle absolut bewusst ist“.
Wer verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben, muss dies in der Regel bis Ende Mai des darauffolgenden Jahres tun. Auf Antrag verlängern Finanzämter die Frist. Wer für die Erklärung einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein nutzt, hat ein Jahr länger Zeit, in Ausnahmen sogar bis zum 28. Februar des übernächsten Jahres.
Fahrenschon könnte bis zu einer möglichen Hauptverhandlung seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl noch zurückziehen. Würde er das tun, wäre der Strafbefehl wirksam. Wenn dieser über der Grenze von 90 Tagessätzen läge, wäre der Sparkassen-Präsident vorbestraft. Fahrenschon soll heute in Berlin als Sparkassenpräsident bestätigt werden. Unbestätigten Spekulationen zufolge wollen allerdings einige Regionalverbände bei der Mitgliederversammlung beantragen, die Wahl von der Tagesordnung zu nehmen. Gewählt wird der Präsident von den Vertretern der elf regionalen Sparkassenverbände, der neun Landesbanken und der drei kommunalen Spitzenverbände. Fahrenschon bekräftigte gegenüber dem „Handelsblatt“gestern, er wolle zur Wiederwahl auch antreten.
Einen Gegenkandidaten gab es bis gestern Abend nicht. Allerdings ist der Bayer in Sparkassen-Kreisen nicht unumstritten. Spekuliert wurde auch schon darüber, ob Gegner im Sparkassen-Lager die Information über die Ermittlungen gegen Fahrenschon in die Öffentlichkeit getragen haben könnten, um ihm vor der Wahl zu schaden. Fahrenschon führt den Bundesverband seit Mai 2012. Von 2008 bis 2011 war er Finanzminister in Bayern, davor Staatssekretär im Münchener Finanzministerium.
Wer die Ergebnisse des IQBBildungstrends 2016 zur Kenntnis nimmt und sich lediglich entlang der Schlagzeilen mit den Entwicklungen der Schülerinnen- und Schülerleistungsvergleiche beschäftigt, den könnte die Angst beschleichen: die Angst, dass der Bildungsstandort Deutschland in großer Gefahr ist, weil die Schülerleistungen insgesamt zurückgegangen sind und es an individueller Förderung fehlt. So pauschal vorgebracht täuscht dieser Eindruck, wenngleich die Herausforderungen in der deutschen Bildungslandschaft erheblich sind.
Es gibt jedoch nicht nur Herausforderungen in Bildungsdeutschland, sondern auch vielversprechende Lösungsansätze. Von ihnen wird noch zu wenig geredet, stattdessen zu viel lamentiert. Das muss sich zuallererst ändern.
Nüchtern betrachtet besteht unzweideutig Handlungsbedarf, und zwar deutschlandweit. Die Leistungen der Viertklässlerinnen und Viertklässler in den zentralen Fächern Deutsch und Mathematik sind nicht flächendeckend so, wie sie sein sollten. Dabei sind sprachliche genau wie mathematische Fähigkeiten und Kenntnisse unverzichtbar für erfolgreiche Bildungsprozesse jeder Art und für jede Bildungskarriere ein absolutes Muss. Da gibt es nichts zu beschönigen. Aber es gilt eben auch: Wir haben eine ansehnliche Zahl besonders begabter und besonders leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler, wie die IQB-Studie belegt. Auch ihnen, immerhin knapp ein Viertel der Schülerinnen und Schüler, muss unser Augenmerk gelten.
Ganz besonders gilt die geschilderte Diagnose für Baden-Württemberg. Landeten die Grundschüler bei Schulleistungsvergleichen bis 2011 stets in der deutschen Spitzengruppe, so sind sie nun ins Mittelmaß abgerutscht. Wir müssen also dringend an der Qualität arbeiten und den Unterricht verbessern. Das ist eine große Aufgabe, aber sie ist lösbar. Bezeichnenderweise bietet gerade der Bildungsföderalismus eine Lösungsmöglichkeit für die Probleme, die das IQB im Auftrag der Kultusministerkonferenz festgestellt hat.
Länder wie Hamburg oder SchleswigHolstein haben gezeigt, dass es neben den bereits bekannten Entwicklungsmustern (immer oben, wie Bayern, oder empfindlicher Rückgang, wie diesmal Baden-Württemberg) auch eine erfreuliche Entwicklungsrichtung gibt: nach oben. Was Hamburg und SchleswigHolstein lehren können, ist dieses: Eine langfristig orientierte Bildungspolitik, die auf polemische Schulstruktur-Debatten endlich verzichtet und konsequent und mit wissenschaftlicher Begleitung auf Qualität, Empirie und Leistung setzt, kann zwar keine Wunder wirken, aber doch sehr positive Ergebnisse zeitigen.
Diesen Weg wollen wir nun, nach einer jahrelangen – zu langen – Ruhephase in Sachen inhaltlich-qualitativer Schulentwicklung, auch in BadenWürttemberg gehen. Wir werden dazu zum Jahresbeginn 2019 zwei neue Institutionen aus der Taufe heben und die Lehreraus- und -fortbildung ebenso wie ein strategisches Bildungscontrolling ganz neu aufbauen und vom Kopf auf die Füße stellen. Ein Institut für Bildungsanalysen wird sich, wissenschaftlich fundiert und mit klarem empirischem Arbeits- und Forschungsauftrag, um die Konzeption hilfreicher und vor allem wirksamer Unterrichts- und Fortbildungsinstrumente kümmern. Dagegen wird ein Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung aus einer Hand die Lehrerfortbildungen konzipieren und dezentral (wie es einem Flächenland wie Baden-Württemberg entspricht) durchführen.
Von Erfolgsmodellen lernen kann indes nur, wer solche vor Augen hat. Fruchtbare Lernprozesse unter den Ländern wären nicht möglich, wenn der Bund die Bildungspolitik zentral steuern würde. Vielmehr würde eine bundeseinheitliche Bildungspolitik (die ja für immerhin rund 40.000 Schulen zuständig sein müsste) für eine Nivellierung sorgen, deren Leistungs-Vektor in erster Linie eine Richtung anzeigen würde: nach unten. Das kann nicht der Sinn der Sache sein, und es würde im Übrigen unserer Verfassungstradition und der gerade auch kulturellen Vielge- staltigkeit des deutschen Bundesstaats völlig zuwiderlaufen. Von der Zentralisierung als Allheilmittel haben inzwischen auch Staaten wie Frankreich oder Italien Abstand genommen, und das mit guten Gründen.
Gegen sinnvolle Kooperationen der Ebenen im deutschen Bundesstaat spricht freilich nichts. Diese gibt es, und sie sind auch sinnvollerweise in unserem Grundgesetz normiert. Bei auftretenden neuen und übergreifenden Aufgaben – so im Zusammenhang mit digitaler Infrastruktur, die ja auch die Schulen und den Unterricht unmittelbar betreffen – finden sich pragmatische und kooperative Lösungen. Von einem „Kooperationsverbot“kann also strenggenommen gar nicht die Rede sein.
Ausfluss einer pragmatischen, empirisch abgesicherten Bildungspolitik ist es übrigens auch, das Potpourri pädagogischer Ansätze kritisch auf Wirksamkeit zu überprüfen – und nicht auf ideologische Gefälligkeit. Deshalb habe ich beispielsweise entschieden, der Methode „Schreiben nach Gehör“in Baden-Württemberg die (Klassen-)Tür zu weisen. Wer wäre jemals in Mathematik auf die Idee gekommen, zu behaupten, dass Zählen und Rechnen durch eine willkürliche und lediglich intuitive Aneinanderreihung von Zahlsymbolen erlernt werden könnte? In der Rechtschreibung galt Entsprechendes teilweise. Dies ist nunmehr abgestellt.
Kurz gefasst bieten also folgende Elemente einen Ausweg aus der wiederholten Diagnose empirischer Studien zu einer Bildung im Abwärtstrend: strikte Orientierung auf Qualität und auf Leistung, Beratung und Nachprüfbarkeit im pädagogischen Sinne sowie passgenaue und angemessene Kooperationen im bundesstaatlichen Miteinander. Schließlich gehört die Einsicht dazu, dass das nicht auf Knopfdruck geschieht, sondern es bedarf beharrlicher Anstrengungen und eines langen Atems.
Daher trifft, mit Odo Marquard, auch auf die Lage der Bildung in Deutschland dieser Tage zu: Sie ist nicht der Himmel auf Erden, aber auch nicht die Hölle auf Erden – sondern die Erde auf Erden.
„Sprachliche wie mathematische Kenntnisse sind für jede Bildungskarriere ein absolutes Muss“