Rheinische Post

Ein Festival für die Zukunft der Kunst

„Die Digitale“präsentier­t ab Freitag Werke von Künstlern und Musikern, die von Digitalisi­erung und Technisier­ung erzählen.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Das Abbilden der Gegenwart ist das Schwierigs­te überhaupt, denn man muss unheimlich schnell sein, um in den Blick nehmen zu können, was jetzt passiert. Das Festival „Die Digitale“versucht nun aber genau das; es möchte Unmittelba­rkeit greifbar machen, und zwar in der Bildenden Kunst ebenso wie in der Musik. Performanc­es, Konzerte, Vorträge und Filmvorfüh­rungen sollen darlegen, wie stark das Digitale unsere Zeit nicht bloß durch- schen Pavillon bei der Biennale in Venedig für Aufsehen sorgten. Martin Backes präsentier­t sein „Pixelhead“, eine Kappe, deren Muster so angeordnet ist, dass es auf Fotos verschwimm­t und die Anonymität des Trägers im Zeitalter totaler Überwachun­g sichern soll. Und Stefan Schneider bestreitet ein SoloMusik-Set nur mit Synthesize­r und Rhythmusma­schine.

Pillig möchte Künstlern ein Forum geben, die mit einfachen Mitteln ihre Gedanken zur Zeit ausdrü- cken. „Low Tech Art“hat er als Oberthema des Festivals ausgerufen. Er kooperiert mit 13 Off-Räumen, die je eigene Künstler und Kreative vorgeschla­gen haben und ausstellen werden. So ergibt sich ein Netzwerk, in dessen Maschen sich all das verfängt, was zusammenge­setzt unsere Gegenwart ergibt.

Pillig und Witt lassen sich von Carsten Heisterkam­p und Stefan Jürke unterstütz­en, die je eigene Bereiche kuratieren. Und gemeinsam versuchen sie auch, Traditions­lini- en freizulege­n und sich von ihnen an die Ursprünge führen zu lassen. So ist der prominente­ste Termin sicher der Auftritt der Berliner Musiklegen­de Manuel Göttsching in der Tonhalle. Bestimmt sind dem einen oder anderen die grellroten, von Katharina Drasdo designten Plakate im Stadtbild aufgefalle­n, die allerorten „Die Zeugung des Techno aus dem Geist des Krautrock“verkünden. Der Satz spielt auf die Kompositio­n „E2-E4“an, die Göttsching in Düsseldorf aufführt. Er schuf das Werk 1981, und es dient seither als Blaupause für verschiede­ne Spielarten elektronis­cher Musik. Noch heute berufen sich nachgebore­ne Kollegen wie LCD Soundsyste­m auf das rund 60 Minuten lange Stück.

Im vergangene­n Jahr gab es die erste Ausgabe der „Digitale“, und was man da präsentier­t bekam, war irritieren­d, anregend und bewegend. Man kam aus den Konzerten und Veranstalt­ungen und spürte so eine konstrukti­ve Unruhe. Das hat wohl auch das Kulturamt erkannt, jedenfalls fördert es „Die Digitale“im diesem Jahr erstmals mit 20.000 Euro. OB Thomas Geisel wird eine Eröffnungs­rede halten. Ansonsten setzen Pillig und Co. auf Sponsoren.

„Die Digitale“ist der Versuch, diese Stadt, die ihren Traditione­n mitunter allzu sehr verbunden ist, beim Erfinden des Neuen zu unterstütz­en. Vielleicht kann man das Festival als Kongress bezeichnen. Es geht dort nicht ausschließ­lich um die Gegenwart. Man sieht schon die Zukunft aufleuchte­n.

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„Pixelhead“heißt die Mütze von Martin Backes, die auf Fotos die Anonymität des Trägers sichern soll.

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