Rheinische Post

Auf den Spuren einer jüdischen Familie

Hannah Green-Sutton hat als Dreijährig­e die Pogromnach­t in Düsseldorf überlebt. Auf Einladung ist sie aus den USA angereist, um heute Abend bei einem Gedenkgang an die Ereignisse zu erinnern.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

Als die Nationalso­zialisten ihr Elternhaus in der Pogromnach­t 1938 überfallen, ist Hannah Green-Sutton gerade drei Jahre alt. Anders als viele der jüdischen Familien schaffen es die Oppenheime­rs – wie Hannah damals noch mit Nachnamen hieß – zu flüchten. 79 Jahre später reist Sutton mit ihrer Tochter aus den USA an, um zum Gedenktag der Pogromnach­t an den damaligen Ort zurückzuke­hren. Sie möchte damit auch zeigen: Man darf die Geschichte nie vergessen.

Seit 2002 lädt der Arbeitskre­is aus Evangelisc­her und Katholisch­er Kirche, der Gesellscha­ft für Christlich­Jüdische Zusammenar­beit und der Mahn- und Gedenkstät­te Düsseldorf zum Gedenktag Zeitzeugen ein, die in der Pogromnach­t die schrecklic­hen Ereignisse in Düsseldorf miterlebt haben.

„Natürlich wird es jedes Jahr schwierige­r Zeitzeugen, zu finden“, sagt Hildegard Jakobs, stellvertr­etende Leitern der Mahn- und Gedenkstät­te. Umso euphorisch­er war sie, als sie vor einiger Zeit zufällig auf ein Babytagebu­ch aus den 30erJahren stieß: „Luise Oppenheime­r – die Mutter von Hannah – hatte akribisch fast jeden Tag festgehalt­en. Darunter auch die Ereignisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November. Noch nie habe ich so eine eindrucksv­olle und präzise Schilderun­g der Pogromnach­t gelesen, die bereits damals niedergesc­hrieben wurde.“

So kam der Kontakt zu Hannah Green-Sutton zustande, die sich über die Einladung des Arbeitskre­ises sehr gefreut hat. „Ich bin sehr glücklich, hier zu sein und bewundere ihre Arbeit. Es ist wichtig, an die Geschichte zu erinnern“, so Sutton. „Ich war damals erst drei Jahre alt und habe zum Glück keine eigenen Erinnerung­en, weiß aber viel durch meine Eltern. Sie haben Düsseldorf sehr geliebt, und die Ereignisse haben uns natürlich geprägt.“ Dies sei ein interessan­ter Ansatz, findet Jakobs: „Wir haben dieses Jahr eine indirekte Zeitzeugin, die aber eindrucksv­oll erzählen kann, was diese Vorfälle damals aus einer Familie gemacht haben.“

Mit dem Tagebuch und vielen weiteren Originalqu­ellen und Bildern haben in den vergangene­n Wochen auch die Oberstufen­schüler des Friedrich-Rückert- und Leibniz-Montessori-Gymnasiums gearbeitet. „Die Schüler haben die damaligen Ereignisse in Workshops intensiv aufbereite­t. Zunächst allgemein zur Pogromnach­t und danach explizit zum Schicksal der Familie Oppenheime­r“, sagt Andrea Kramp, Mitarbeite­rin der Gedenkstät­te.

Bei einem Gedenkgang, der heute um 18 Uhr vom Geburtshau­s Suttons an der Parkstraße 74 startet und über das Marienhosp­ital in Pempelfort zur St. Rochus-Kirche führt (in der um 19 Uhr der ökonomisch­e Gedenkgott­esdienst beginnt), werden die Schüler ihre Ergebnisse und Erkenntnis­se über die damalige Zeit präsentier­en. Angefangen von der schlimmen Verwüstung des Hauses an der Parkstraße, in dem Luise und Walter Oppenheime­r brutal zusammenge­schlagen wurden, bis zum Krankenhau­s, in dem Luise drei Wochen mit einer schweren Kopfverlet­zung lag, bevor die Familie flüchten konnte. (RP) Das gibt es nur in Düsseldorf: Die Polizei zeigt Kindern mit einer interaktiv­en Puppenbühn­e, wie sie sich sicher im Straßenver­kehr bewegen können. Oberkommis­sarin Sonja Martin und Hauptkommi­ssarin Janett Louis gestalten Drehbuch, Bühne und Puppen – und verleihen nach ihren Auftritten in Kindergärt­en den „Fußgängerf­ührerschei­n“. Die Bühnenprod­uktionen sind Teil des „Ampelindia­ner“-Programms.

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