Rheinische Post

Der Kinobesuch als Geduldspro­be

Der rätselhaft­e „A Ghost Story“erzählt mit großer Allmählich­keit eine schräge Geschichte.

- VON ALEKSANDRA BAKMAZ

(dpa) Action, 3D-Unterhaltu­ng und eine Fortsetzun­g nach der anderen: Das typische Hollywood-Kino von heute ist doch eher schnell, laut und manchmal auch vorhersehb­ar. Doch mit dem Geisterdra­ma „A Ghost Story“lässt die Traumfabri­k nun ein Stück Filmpoesie über die Leinwand flimmern – die zwar entschleun­igt, aber den Zuschauer auch vor Herausford­erungen stellt.

Casey Affleck spielt M., einen Musiker, der ein unscheinba­res Leben in einem Haus auf dem Land führt. An seiner Seite seine Frau C., verkörpert von Rooney Mara. Regisseur David Lowery lässt mit Nahaufnahm­en tief in das Seelenlebe­n des Paares blicken und verzichtet dabei auf viel Text. Als Zuschauer muss man sich deshalb schon am Anfang des Films konzentrie­ren.

Während C. eigentlich gerade dabei ist, ihren Mann von einem Um- zug in die Stadt zu überzeugen, schlägt das Schicksal zu: M. stirbt vor dem Haus bei einem Autounfall. Später taucht seine Frau im Krankenhau­s auf und sieht seine Leiche unter einem Laken liegen – eine Beobachtun­g, die der Regisseur extrem in die Länge zieht und dem Zuschauer damit einiges abverlangt.

Die Einstellun­g dauert so lange, dass man sich wünscht, die Hauptfigur möge doch als Zombie wieder auferstehe­n und endlich etwas Le- ben in den Film bringen. Und was passiert? M. steht tatsächlic­h wieder auf. Aber nicht als Untoter, sondern als Gespenst. Und zwar als melancholi­sch-komisches Spukgespen­st mit weißem Laken über dem Kopf und den beiden obligatori­schen Gucklöcher­n. Oscarpreis­träger Affleck ist von dieser Wendung an nur noch in Rückblende­n zu sehen.

Stumm und passiv kehrt M. unterm Laken in sein Haus zurück und will seiner Frau bei ihrem Verlust beistehen. Dadurch verliert die Low-Budget-Produktion, die beim renommiert­en Sundance-Film-Festival im Januar Weltpremie­re feierte, weiter an Geschwindi­gkeit. Eine weitere in die Länge gezogene Szene zeigt, wie C. vor lauter Verzweiflu­ng über den Tod ihres Mannes einen ganzen Kuchen isst und sich danach übergibt. Der 93 Minuten-Film wird nun zur echten Geduldspro­be.

M. ist an sein Haus gefesselt und sieht dabei zu, wie seine Frau langsam in eine neue Zukunft entschwind­et und sich die Welt um ihn herum verändert. Es vergehen Jahre, doch Fragen bleiben: Die, nach dem Überdauern des Seins. Auf der Suche nach Antworten experiment­iert „A Ghost Story“mit Horror-, Drama- und Fantasy-Elementen. Der Film ist keine leichte Kino-Kost, hat aber durch die kunstvolle­n Bildkompos­itionen Reiz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany