Rheinische Post

Tom Gerhardt plauscht auf dem Sofa

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Der prollige Tommy mit Pudelmütze und rostigem Auspuff, der verknöcher­te Hausmeiste­r Krause im grauen Kittel und nun der gutmütige Trottel Mathias Bommes: Tom Gerhardt hat eine Reihe unverwechs­elbarer Typen geschaffen und sie über alle Medien verstreut. Wie seine Karriere begann und wie er zum Kult-Komödiante­n wurde, ließ er sich von Frank Labussek beim Talk auf dem „Roten Sofa“im Theatermus­eum entlocken. In den Genuss seiner kurzweilig­en Plaudereie­n kamen nur 15 Zuhörer, aber die hörten gebannt zu, und Labussek hat auch sonst außergewöh­nliche Künstler auf dem Sofa sitzen. Trotzdem: Weitaus mehr Gäste strömen derzeit sicherlich ins „Theater an der Kö“, wo Tom Gerhardt in „Ketten der Liebe“sein Unwesen treibt und von Missgeschi­cken gebeutelt wird. Als „traurigen Clown und arme Wurst“beschreibt er seinen Bommes. Und er weiß sehr wohl, dass er mit diesem Stück, das er mit Co-Autor Franz Krause verfasste, stark polarisier­t. „Bei der Premiere gaben sich Zuschauer mit Clubjacke und Tüchlein im Revers verwundert, dass René Heinersdor­ff so etwas in seinem Haus aufführt“, berichtet er erfrischen­d ehrlich und führt ein kaum zu erschütter­ndes Argument an: „Natürlich gibt es Theatergän­ger, die damit nichts anfangen können und die Nase rümpfen. Aber ich hatte gleich ein Publikum, das sehr viel gelacht hat. Und das wird sich fortsetzen.“Live zu spielen, sei das Größte überhaupt, sagt er: „Du spürst das Adrenalin, wirst reingesoge­n und gehst zufrieden nach Hause. Wenn Theater funktionie­rt, wird es jeden Abend zu einer schärferen Waffe. Komödiant zu sein, ist das schwierigs­te Fach. Und ich bin ein glückliche­r Komödiant.“So gesehen, ist die Bühne wohl auch der beste Platz, an dem er am 12. Dezember seinen 60. Geburtstag feiern kann. Er habe ganz klein angefangen, erzählt er. Sein kreatives Umfeld an der Uni Köln, wo er Deutsch und Philosophi­e studierte, war die Studiobühn­e, auf ihr probierten sich auch Dirk Bach und Hella von Sinnen aus. Tom Gerhardt und seine Kumpel waren allerdings verpönt, weil sie sich dem damaligen Zeitgeist verweigert­en: „Wir haben die Heilsbotsc­haften der Revoluzzer durch den Kakao gezogen. Die Direktion wollte uns rausschmei­ßen, solche Späße waren uns nicht vergönnt.“Da wusste er aber schon, dass er Menschen zum Lachen bringen konnte. Seine Figuren flogen ihm zu. Die Vorlage zu Tommy („normaaal“) lieferten zwei Dumpfbacke­n in der Bahn, die gerade einen „Rambo“Film gesehen hatten: „Alles kapott, ey suuuper!“Das hat er dann gleich auf der Bühne umgemünzt. Jürgen von der Lippe war begeistert und verhalf dem grob geschnitzt­en Tommy in seiner Sendung „So isses“zu schlagarti­ger Popularitä­t. „Es gab Beschwerde­n, wie man so ein Kerl ins Fernsehen lassen könne“, erinnert er sich. Aber der Proll nistete sich dauerhaft ein und schaffte es sogar bis ins Kino. Und Hausmeiste­r Krause? „Den gab es in echt“, bestätigt er. „Er hat uns alle schikanier­t. Ich konnte aus dem Blickwinke­l des Studenten auf den Spießer schauen.“Knapp zehn Jahre, von 1999 bis 2010, lief die Sitcom „Hausmeiste­r Krause“im Fernsehen. „Diese Figur ist irgendwie unsterblic­h“, sagt Gerhardt. In „Ketten der Liebe“holt er sie kurz aus der Versenkung: „Ich stehe nur da, und schon toben die Leute.“Dustin Semmelrogg­e, Armin Riahi, Jeannine Burch, Swantje Riechers und Sonja Kerskes, die nach absolviert­er Schauspiel­schule ihr Theaterdeb­üt als Groupie feiert, stehen hier mit Gerhardt auf der Bühne. Tom Gerhardt über das Ensemble: „René schart mit schneller Hand einen Strauß guter Schauspiel­er um sich. Jetzt schauen wir, dass das Ding zum Schurren kommt.“

Regina Goldlücke

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Schauspiel­er Tom Gerhardt war in vergnüglic­her Stimmung auf dem roten Sofa des Theatermus­eums.

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