Freitag fährt als Topfavorit zur Tournee
Der 26-Jährige wird in Engelberg Zweiter und Erster. Svenja Würth droht nach Sturz in Hinterzarten das Saison-Aus.
DÜSSELDORF (sid) Richard Freitag schrie mit weit aufgerissenem Mund seine Freude heraus, dann sprang er Kumpel Andreas Wellinger in die Arme: Nach einem triumphalen Sieg bei der Generalprobe in Engelberg ist der Sachse endgültig in die Rolle des Topfavoriten für die Vierschanzentournee geschlüpft. Als erster Deutscher seit Martin Schmitt im Winter 2000/2001 reist Freitag als Gesamtweltcup-Führender zum Auftakt in seiner Wahlheimat Oberstdorf am 30. Dezember. „Es ist einfach so eng im Moment in der Weltspitze, da ist die Freude über so einen Sieg noch größer. Jetzt heißt es, den Rhythmus zu behalten. Und dann hoffe ich, dass da die Post abgeht“, sagte der 26-Jährige. 24 Stunden zuvor hatte Freitag den Tagessieg noch um 5,5 Zentimeter verpasst, war dann aber eine Klasse für sich und deklassierte Polens Tournee-Titelverteidiger Kamil Stoch um 11,6 Punkte sowie Doppelweltmeister Stefan Kraft (Öster- reich) um 11,7 Zähler. „Dass er gut springen kann, wusste ich. Dass er so stabil springt, ist eine riesige Freude“, sagte Bundestrainer Werner Schuster.
Die Freude über seinen dritten Saisonsieg, allesamt seit Ende November eingefahren, war dem sonst eher zurückhaltenden Superflieger Freitag auch anzumerken. Schließlich dominiert er eine Olympiasai- son, in der er längst nicht mehr nur durch seinen schon zum Markenzeichen gewordenen Schnurrbart auffällt. „Was Richard gezeigt hat, ist einfach nur der Hammer. Er hat wieder ein Ding rausgehauen und einfach nur verdient gewonnen“, sagte Wellinger. Der deutsche Spitzenmann der Vorsaison ist derzeit mit 399 Punkten die Nummer zwei im Weltcup hinter Freitag (550). In Engelberg wurde er mit Platz sechs am Samstag nach schwachem ersten Sprung und gleichfalls Rang sechs am Sonntag hinter dem starken Markus Eisenbichler (5.) ein wenig unter Wert geschlagen.
Dass im Auftaktspringen am Titlis die deutsche Erfolgsserie nach drei Einzelsiegen in Folge gerissen war, nahm Freitag recht stoisch zur Kenntnis. „Ach, das fuchst mich jetzt nicht“, sagte er, nachdem er im zweiten Durchgang noch an den norwegischen Sieger Anders Fannemel bis auf einen Zehntelpunkt herangekommen war: „Der erste Sprung war eben nicht so, wie er sein sollte.“
In Hinterzarten stockte nicht nur den Zuschauern am Samstag der Atem. Svenja Würth lag nach einem Sturz regungslos im Schnee, bei ihren Teamkolleginnen flossen die Tränen. Die Mixed-Weltmeisterin hatte beim ersten Frauen-Teamwettkampf der Weltcup-Geschichte bei der Landung die Kontrolle verlo- ren, krachte in den Schnee und anschließend in die Bande. Heute wird ein MRT zeigen, wie schwer sich Würth am Knie verletzt hat. Im Januar 2014 hatte die 24-Jährige sich beim Sturz im russischen Tschaikowski den sechsten Halswirbel gebrochen und war nur knapp einer Querschnittslähmung entgangen. Bundestrainer Andreas Bauer kritisierte die Jury, die trotz der schwierigen Verhältnisse mit viel Neuschnee den Anlauf nicht verkürzte.
Im Einzel-Wettkampf gestern zeigte sich das deutsche Team vom Schock erholt. Katharina Althaus verpasste als Zweite hinter der Norwegerin Maren Lundby ihren dritten Sieg in Folge knapp. Für eine Überraschung sorgte Ramona Straub, die als Vierte ihr bestes Weltcup-Ergebnis verbuchte. Olympiasiegerin Carina Vogt und Juliane Seyfarth vervollständigten das sehr gute deutsche Ergebnis und schafften es auf den Rängen sechs und acht ebenfalls in die Top Ten.