Vater tötete Baby, um auszuschlafen
Selbst dem erfahrenen Mordermittler Ingo Thiel macht dieser Fall zu schaffen: Ein 29-Jähriger soll seinen sechs Wochen alten Sohn gequält und ermordet haben. Für die Gladbacher Polizei ist es der zweite Baby-Mordfall in drei Jahren.
MÖNCHENGLADBACH Über das Verbrechen an dem kleinen Ben zu sprechen, nimmt selbst den erfahrenen Mordkommissions-Leiter Ingo Thiel mit. Und ihm fällt es schwer, das Paar, das seit Freitag in Untersuchungshaft sitzt, als „Eltern“zu bezeichnen. Wochenlang soll ein 29-jähriger Mönchengladbacher seinen sechs Wochen alten Sohn gequält und schließlich erstickt haben. Die Lebensgefährtin foniert haben. „Der Vater hat dann den Entschluss gefasst, seinen Sohn zu töten. Das ist Verdeckung einer Straftat. Deshalb sitzt er wegen Mordverdachts in Haft“, sagt Staatsanwalt Benjamin Kluck. Auch die Mutter ging in Untersuchungshaft. Bei ihr lautet der Vorwurf: Misshandlung und Totschlag durch Unterlassung.
Ein 20-köpfiges Ermittlerteam arbeitet in der Mordkommission „Ben“. An keinem Mitglied gingen die Erlebnisse und die Verhöre der vergangenen Tage spurlos vorüber. „Unser Team wird jetzt eine Supervision erfahren“, sagt Thiel, Und: „Runterschlucken, Mund abwischen, weitermachen? Das geht nicht.“
Warum Leo und Ben sterben mussten, ist für die Polizisten, oft selbst Mütter oder Väter, völlig unverständlich. „Man bekommt heute für alles Hilfe, auch für die Kindererziehung“, sagt Thiel. In Mönchengladbach wurde bereits im Jahr 2012 das Projekt „Frühe Hilfen“aufgebaut, um das gesunde und gewaltfreie Aufwachsen von Kindern in der Stadt zu ermöglichen. Zu dem Netzwerk gehören Kinderärzte und Gynäkologen, Beratungsstellen, Hebammen und Geburtskliniken, der Kinderschutzbund sowie verschiedene weitere Institutionen der Jugendhilfe, des Sozial- und Gesundheitswesens. Sie informieren sich gegenseitig bei möglichen Risikofaktoren.
Die Familie von Ben war dem städtischen Jugendamt bis zum vergangenen Donnerstag nicht bekannt. Auch sonst gab es keine Auffälligkeiten. Polizeilich sind weder Mutter noch Vater je aufgefallen.