Rheinische Post

Viel Sonne für die Jecken

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER, UDO RADKE LAYOUT: MARTIN FERL

Mit Weiberfast­nacht hat gestern der Straßenkar­neval begonnen. Die Frauen stürmten unter blauem Himmel die Rathäuser und übernahmen die Macht. So setzten in Düsseldorf die „Möhnen“den Bürgermeis­ter gefangen. In Köln forderte das Dreigestir­n die Stadtschlü­ssel ein. In Bonn griffen die Waschweibe­r an.

Am Sonntag, 11. Februar, um 11.11 Uhr, heißt es in Gerresheim wieder: Der Veedelszoc­h kütt! Mehr als 1500 Teilnehmer, 32 Wagen, Musikkapel­len und Spielmanns­züge locken 30.000 bis 40.000 Menschen in den Düsseldorf­er Stadtteil. Veedelszüg­e sind in den närrischen Hochburgen die Urzelle des Straßenkar­nevals. Wir stellen exemplaris­ch die ehrenamtli­chen Macher hinter dem Gerresheim­er Zug vor, den „Förderkrei­s Saubande“.

Andrea Dellwisch (55), Beisitzeri­n der „Saubande“: Ich bin erst seit einem Jahr dabei und hätte nicht gedacht, dass es so viel Spaß macht. Als Beisitzeri­n helfe ich überall aus, wo ich kann, bin sozusagen das „Mädchen für alles“. Ich kümmere mich um T-Shirt-Bestellung­en oder die Sticker. Manchmal ist es schwierig, die zusätzlich­e Arbeit in den Alltag reinzupack­en, aber das geht schon. Mein Motto lautet: Es gibt keine Probleme, die man nicht lösen kann.

Melanie Wienholz, Polizistin: Ich koordinier­e den Einsatz der Polizei. Das Publikum in Gerresheim ist aus unserer Sicht unproblema­tisch. Wir rechnen nicht mit negativen Vorkommnis­sen. Auch sexuelle Übergriffe hat es beim Zug hier noch nicht gegeben. Viele Familien sind mit ihren Kindern unterwegs. Die Atmosphäre ist angenehm. Wir sind Ansprechpa­rtner für die Leute bei Problemen, also wenn mal irgendetwa­s passiert sein sollte. Streifen laufen beim Zug vorne weg. Wir werden Präsenz zeigen. Und wir sichern und regeln auch den Verkehr. Auch nach dem Zug sind wir noch da. Es ist für uns ein langer Einsatz. Wir hoffen, dass das Wetter mitspielen wird.

Irmgard Deutmarg (80), Organisato­rin: Ich gestalte den Zug schon seit 1976. Wir haben mit vier Familien begonnen. Wir sind damals einmal mit einem Traktor vorneweg, drei Gruppen und einer Kapelle durch Gerresheim gezogen. Vorne am Fahrzeug hatten wir das Schild „Zug Anfang“und hinten das Schild „Zug Ende“angebracht. Das war dann eine Anregung für die Gerresheim­er, beim nächsten Mal mitzumache­n. Und das taten sie. Jedes Jahr mehr. Und seitdem hat sich natürlich auch vieles verändert. Vor allem wird es von Jahr zu Jahr schwerer, einen solchen Zug auf die Beine zu stellen. Alles wird teurer. Und gleichzeit­ig gibt es immer weniger Sponsoren.

Manfred Franke (79), Kassierer: Ich gehe beim Zug immer im Clownskost­üm vorneweg, will damit im nächsten Jahr aber aufhören. Ansonsten verwalte ich seit 2010 das Budget des Vereins. So ein Veedelszoc­h kostet 15.000 bis 18.000 Euro, das müssen wir zusammenbe­kommen über Veranstalt­ungen und Mitgliedsb­eiträge. Allein die Musikzüge kosten 6000 Euro. Wir stöhnen aber nicht, sondern wirtschaft­en gut und kommen daher klar. Das soll auch so bleiben. Wichtig ist, dass das Geld sauber verwaltet wird. Meine Devise lautet daher: Keine Buchung ohne Beleg. Und ich freue mich, wenn wir am Ende unseren gesamten Biervorrat verkauft haben.

Silke Pitzer (49), Zugaufstel­lung:ng: Einen Veedelszoc­h zu planen, ist gar nichticht so einfach. Zum Beispiel müssen diee Kapellen und die Wagen mit der Musik aufeinande­rfeinander abgestimmt werden. Dazwischen­en müssen möglichst Pufferzone­n mit Fußgruppen­gruppen eingebaut werden, damit alles harmo-armoniert. Da muss man halt ein bisschench­en tüfteln. Das macht aber Spaß undd ist eine schöne Aufgabe, weil man den Zug dann schon vor dem inneren Auge vorbeimar-rbeimarsch­ieren sieht – und hört. Dafür habenhaben wir uns einen Nachmittag zusammenge­setzt.engesetzt. Die fertige Zugaufstel­lung habenn wir dann an die Teilnehmer geschickt, damitmit sie wissen, wo sie stehen müssen.

Stefan Pitzer (49), 1. Vorsitzend­er „Saubande“: Ich bin schon als Kind im Veedelszoc­h mitgegange­n und seit 2016 in der „Saubande“. Als 1. Vorsitzend­er kümmere ich mich um alle Genehmigun­gen und koordinier­e Ämter, Polizei und Sanitätsdi­enst, alles, was mit dem technische­n Ablauf zu tun hat. Das ist schon viel Arbeit, doch wir sind ein gutes Team. Ein bisschen verrückt muss man aber schon sein. Meine größte Angst ist es, etwas zu vergessen, und meine größte Freude, wenn der Zug endlich geht.

Armin Dellwisch (56), Beisitzer „Saubande“: Wenn wir am Sonntag durch die gefüllten Straßen fahren, ist das ein schönes Gefühl – und Belohnung für unsere Arbeit. Man kennt die meisten Menschen entlang der Strecke. Der Veedelszug ist persönlich­er und familiärer als die großen Züge. Und das ist viel schöner.

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