Rheinische Post

Wie ein Iraner in Stadtmitte sein Glück fand

Mohammad und Marion Kasiriha haben vor 40 Jahren ihr Geschäft für T-Shirt-Druck an der Kölner Straße eröffnet.

- VON MARC INGEL

STADTMITTE Als Mohammad Kasiriha und Marion Psula sich im Herbst 1970 in Düsseldorf am Rhein bei einem Spaziergan­g kennen lernten, da spielte eine gemeinsame Firma natürlich noch keine Rolle, standen romantisch­e Gefühle im Vordergrun­d. Jedenfalls wurde zwei Jahre später am Standesamt an der Inselstraß­e geheiratet. Weitere zwei Jahre ließen sie sich Zeit, dann wurde aus dem Ehepaar eine richtige Familie. Mohammad Kasiriha arbeitete zu diesem Zeitpunkt in einem Ingenieurb­üro für Wasserbau – und er wollte eigentlich zurück in sein Heimatland Iran. Doch die Islamische Revolution dort machte ihm ein Strich durch die Rechnung. „Ich habe keine Möglichkei­t gesehen, mir mit meiner Familie, mit Sohn und Tochter, im Iran eine Existenz aufzubauen“, sagt Kasiriha rückblicke­nd.

Sein Leben lang als Angestellt­er zu arbeiten, das wollte er aber auch nicht. „Wir suchten nach einer Idee für eine Selbststän­digkeit. Bei einem Messebesuc­h in England stießen wir auf eine Firma, die Motive zum Aufdrucken auf T-Shirts herstellte. Elvis zum Beispiel oder Bruce Lee. Wir fanden das interessan­t, weil so etwas auf dem deutschen Markt noch nicht verbreitet war“, erzählt der Perser.

1977 wurde das Geschäft an der Kölner Straße 18 angemietet. „Unser Vermieter hatte das Wort T-Shirt bis dahin noch nie gehört und wir mussten ihm erklären, dass dies eine Art Unterhemd sei“, berichtet Kasiriha amüsiert. Das Geschäft lief zunächst langsam an, „wir hatten von unseren Ersparniss­en circa 100 T-Shirts gekauft, die wir mit dem Wunschmoti­v oder einer bestimmten Beschriftu­ng mit einer Heißpresse bedruckten“. Auf sich aufmerksam machte die kleine Firma mit Zeitungs-Anzeigen: „Neu in Düsseldorf: T-Shirt Druck“.

So richtig erfolgreic­h wurde das Geschäft aber erst nach einem eher unerfreuli­chen Anruf. „Ein Kunde fragte nach, ob wir auch Firmenlogo­s drucken würden. Wir verneinten und der Anrufer sagte, dann dürften wir uns auch nicht T-ShirtDruck nennen – und legte auf“, erzählt Kasiriha. Der vielleicht entscheide­nde Anstoß kam durch eine Anfrage des NRW-Verkehrsmi­nisteriums. „Die wollten zur Einschulun­g 20.000 T-Shirts für Kinder mit dem Aufdruck ,Pass auf mich auf!’. Das konnten wir nicht schaffen, also haben wir bei der Ausschreib­ung einen utopischen Preis genommen: 5,95 Mark pro T-Shirt“, erzählt Kasi- riha. Drei Tage später habe dennoch das Telefon geklingelt: „Die wollten, dass das Geld in Düsseldorf bleibt.“In München kaufte Mohammad Kasiriha in einer Nacht- und Nebelaktio­n eine gebrauchte Siebdruckm­aschine, zehn Tage wurden rund um die Uhr T-Shirts produziert, die sich in der heimischen Wohnung bis unter die Decke stapelten. „Wir haben es am Ende geschafft, das war unser Durchbruch. Das Verkehrsmi­nisterium ist noch heute ein guter Kunde von uns“, so der Geschäftsm­ann.

Das Paar baute in Eigenregie ein manuelles Siebdruck-Karussell, so dass auch mehrfarbig­e Drucke angeboten werden konnten. Die Anfragen nach Siebdruck wurden immer größer, und nach einigen Jahren legten die Geschäftsl­eute sich eine automatisc­he Siebdrucka­nlage zu und mieteten gleichzeit­ig eine größere Produktion­shalle an. „Hier konnten wir pro Stunde bis zu 500 TShirts und andere Textilien hochwertig bedrucken. Das war ein enormer Fortschrit­t“, sagt Kasiriha.

So entwickelt­e sich das anfangs kleine und bescheiden­e Geschäft im Laufe der Jahre immer weiter und wurde größer. Auch nach 40 Jahren haben die Kasirihas ihre damalige Entscheidu­ng nicht bereut. Tochter Roya (43) arbeitet ebenso mit im Geschäft wie Enkelin Cheyenne (20). „Früher waren hier auf der Kölner Straße natürlich noch hochwertig­ere Läden, Boutiquen, Bäckereien, Möbelgesch­äfte. Heute ist vieles multikulti, aber es ist nicht unangenehm“, sagt Marion Kasiriha (68). Mohammad Kasiriha ist inzwischen 80 Jahre alt, aber immer noch jeden Tag im Geschäft. Er freut sich unheimlich, wenn Kunden mit ihren inzwischen erwachsene­n Kindern reinschaue­n, die gute Erinnerung­en daran haben, wie sie vor Jahrzehnte­n selbst einmal ihr T-Shirt mit ihrem Lieblingsm­otiv bedruckt haben.

 ??  ?? Roya, Mohammad, Cheyenne und Marion Kasiriha (v.l.) fühlen sich mit ihrem Geschäft an der Kölner Straße noch immer wohl.
Roya, Mohammad, Cheyenne und Marion Kasiriha (v.l.) fühlen sich mit ihrem Geschäft an der Kölner Straße noch immer wohl.
 ??  ?? In den Anfangsjah­ren des Geschäfts haben Marion und Mohammad Kasiriha die TShirts zum Teil noch in der heimischen Wohnung gelagert.
In den Anfangsjah­ren des Geschäfts haben Marion und Mohammad Kasiriha die TShirts zum Teil noch in der heimischen Wohnung gelagert.

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