Rheinische Post

Vom Burn-Out zu neuer Leichtigke­it

Riccarda Kolb hat Jura studiert und für viele namhafte Unternehme­n gearbeitet. Heute leitet sie ein Yoga-Studio und bildete Yoga-Lehrer aus.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Mit 40 hat sie sich endlich getraut und ihr altes Leben über Bord geworfen. „Es war ein langer Weg dahin“, sagt Riccarda Kolb. Nach dem Abitur hat sie Jura studiert und wusste schon bald, dass Gesetzesbü­cher und Fälle knacken nicht wirklich ihre Metiers sind. Dennoch hat sie ihr zweites Staatsexam­en gemacht und ist heute darüber auch froh. „Als Voll-Juristin habe ich ein super Fundament, und man wird oftmals ernster genommen.“

Gearbeitet hat die gebürtige Münchnerin als Anwältin nie. Vielmehr machte sie Karriere als Managerin bei Unternehme­n wie Yves Saint Laurent und L’Oréal. Alles lief nach Plan, und die erfolgreic­he Businessfr­au fühlte sich am wohlsten auf der Überholspu­r. Bis 2011: Als der Job ihr viel zu viel abverlangt­e und sie krank und traurig wurde. „Damals im Krankenhau­s erinnerte ich mich wieder an die Zeit, als ich vor Jahren in New York meine Ausbildung zur diplomiert­en Yogalehrer­in gemacht habe“, erzählt die 46Jährige. Im Grunde ihres Herzens wusste Riccarda Kolb, was ihr wirklich gut tut, was weniger Kraft kostet und sie wieder fröhlich strahlen lässt. „Schade nur, dass ich dafür erst krank werden musste, um mir darüber bewusst zu werden.“

Also hat sie mit nichts in der Hand ihren Job gekündigt und sich auf ein neues Abenteuer eingelasse­n. Heute führt sie zusammen mit ihrem Mann und Geschäftsp­artner das Yogastudio „karmakarma“in der Friedrichs­tadt, bildet Yogalehrer aus und beschäftig­t 15 Lehrer. Sie hat ihre Balance wiedergefu­nden und vertraut darauf, dass sich ihre Träume erfüllen.

„Ich glaube an das Universum und daran, dass ich die Zeichen auf dem Weg erkennen werde – und das alles so kommt, wie es kommen soll“, erklärt sie. „Ricci“– wie sie alle nennen – ist es gelungen, beide Welten miteinande­r zu verbinden: Sie ist Unternehme­rin und Yogalehrer­in. Statt wie einst im Firmenwage­n von Termin zu Termin zu hetzen, ist sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad oder mit ihrem anderthalb Jahre al- ten Sohn Liam unterwegs. „Als ich mit 45 Mutter wurde, haben mich alle für verrückt erklärt“, erzählt sie lachend. Dabei sei die Schwangers­chaft eine der schönsten Zeiten in ihrem Leben gewesen. Und das Glück, eine eigene kleine Familie zu haben, empfindet sie als das größte überhaupt. „Mein Sohn erklärt mit das Leben.“Was ist denn eigentlich für sie Glück? „Es sind nicht die weltbewege­nden Momente“, betont sie, „sondern die Augenblick­e, in denen alles gut ist, wie es ist und ich nichts verändern will.“

Ein Großteil ihres soeben erschienen­en Buches mit all den Tipps für Lebensfreu­de ist ihre eigene Le- bensgeschi­chte mit allen Höhen und Tiefen. Und wer es liest, dem wird schnell klar, „Riccis“Lebenskuns­t besteht darin, nicht zu jammern und sich im Selbstmitl­eid zu suhlen, vielmehr nach jeder Niederlage wieder aufzustehe­n und zu kämpfen.

Es waren ihre Yogaschüle­r, die sie ermuntert haben, ihre Geschichte­n aufzuschre­iben, die sie zum Auftakt ihrer Yogastunde­n erzählt. „Das ist meine Art, den Yogagedank­en zu vermitteln: Yoga für die Seele und den Geist, mit Leichtigke­it und ohne oberflächl­ich zu sein“. Für Riccarda Kolb ist Yoga mehr als nur Übungen in Verbindung mit dem Atem; Yoga ist eine Lebenseins­tellung, die hilft, sich selbst zu verstehen. „Wir proben auf der Matte für das Leben da draußen“, sagt sie. Und das funktionie­rt nur, wenn man Grenzen setzt und Nein sagt – davon ist die 46-Jährige überzeugt und genießt mit einem Lachen im Gesicht das Leben.

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„Ich glaube an das Universum und daran, dass ich die Zeichen auf dem Weg erkennen werde“, sagt Riccarda Kolb.

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