Rheinische Post

Obdachlose bauen Figuren mit Jacques Tilly

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(tino) Jacques Tilly hat zweifelsoh­ne die Kunst des Kaschieren­s zu neuen Höhen geführt. Der Düsseldorf­er Satire-Künstler bringt besonders durch seine Mottowagen im Karneval Missstände an die Öffentlich­keit. Nun beschäftig­te sich der 55Jährige in einem Workshop in seinem Atelier mit dem kreativen Potenzial von wohnungslo­sen Düsseldorf­ern. „Figuren zu bauen, ist gar nicht einfach. Man muss vielseitig talentiert sein und wegen der Statik auch denken wie ein Ingenieur“, verrät Tilly. „Und man muss wissen, wie der Draht gebogen werden muss, um bestimmte Effekte zu erzielen.“Organisier­t wurde der viertägige Workshop von der Diakonie. „Menschen, die auf der Straße leben, ha- ben meist viele Enttäuschu­ngen erlebt und trauen sich selbst kaum etwas zu“, meint Projektlei­ter Georg Schmidt. „Eine Figur von Anfang an selbst zu entwickeln, beweist das Gegenteil. Dadurch fördern wir das Selbstbewu­sstsein.“Schmidts Stelle wird auch durch eine fünfstelli­ge Spendensum­me der Düsseldorf­er Vendus Sales & Communicat­ion Group GmbH finanziert. „Wir haben uns entschiede­n, keine Weihnachts­geschenke mehr zu machen. Das Geld haben wir gebündelt und stecken es lieber in solche Projekte wie den Workshop mit Jacques Tilly“, erläutert Vendus-Geschäftsf­ührer Guido Mecklenbec­k. 14 Wohnungslo­se hatten sich in die Teilnehmer­liste eingetrage­n, zehn erschienen pünktlich zum ersten Workshop-Tag. „Leider hatten wir einen Ausfall wegen Erkrankung. Sonst wären es elf gewesen“, so Schmidt. „Das ist eine wahnsinnig gute Quote.“Auch die Durchhalte­quote beeindruck­t. Acht Wohnungslo­se blieben bis zum Schluss dabei und genossen ihr eigenes kreatives Potenzial. Es entstanden acht Figuren, die im September in der Fiftyfifty-Galerie versteiger­t werden sollen. „Bis dahin suchen wir noch einen 40 bis 70 Quadratmet­er großen Raum, in dem die Figuren aufgestell­t werden können und in dem wir weiter arbeiten können“, so Schmidt. Vom Traum, im Rosenmonta­gszug auf einem von Wohnungslo­sen selbst gestalten Wagen mitzuziehe­n, spricht er auch, wenn auch noch leise.

 ??  ?? Hinten v.l. Guido Mecklenbec­k (Vendus und Jacques Tilly, vorne sind Magda Henschke und Projektlei­ter Georg Schmidt zu sehen.
Hinten v.l. Guido Mecklenbec­k (Vendus und Jacques Tilly, vorne sind Magda Henschke und Projektlei­ter Georg Schmidt zu sehen.

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