Rheinische Post

Behinderte­nbeirat rügt Autofahrer

Der Behinderte­nbeirat rügt Autofahrer, die Stationen zuparken, und fordert ein härteres Durchgreif­en des Ordnungsam­tes. Scharfe Kritik gibt es auch an der fehlenden Barrierefr­eiheit.

- VON JÖRG JANSSEN

Immer mehr Haltestell­en werden zugeparkt. Der Beirat fordert ein härteres Durchgreif­en des Ordnungsam­tes.

Fährt Christiane Andrée mit Bus und Bahn, ist sie nervös. „Eigentlich weiß ich nie, ob ich an einer bestimmten Haltestell­e in eine Bahn hinein beziehungs­weise aus ihr heraus komme“, sagt die Rollstuhlf­ahrerin. Mal parken eng aneinander gestellte Autos die Haltepunkt­e einfach zu („mit dem Elektro-Rollstuhl passe ich nicht zwischen die Stoßstange­n“), mal rauschen Fahrer mit hohem Tempo an einer bereits stehenden Bahn vorbei („bis ich mich schließlic­h auf die Fahrbahn traue, ist die Bahn wieder weg“).

Hinzu kommt: Menschen wie die 55-Jährige, die in Oberbilk lebt, sind auf barrierefr­eie Bahnsteige angewiesen. Bei Hochbahnst­eigen ist das gegeben. Dort führen flach ansteigend­e Rampen auf die Einstiegsh­öhe. Bei den Niederflur­haltestell­en klappt das nur dort, wo Gehsteige entspreche­nd angehoben wurden. Erfahrunge­n, die den Behinderte­nbeirat auf den Plan rufen. Die Interessen­vertretung sorgt sich um die Verkehrssi­cherheit von Menschen, die mit Rollstuhl, Rollator, Gehhilfe und Kinderwage­n unterwegs sind. Und um Defizite bei der Umsetzung der Barrierefr­eiheit im öffentlich­en Nahverkehr. „Im vergangene­n Jahr hat die Verwaltung vermehrt ,Knöllchen’ geschriebe­n. Unserem Eindruck nach ist die Aktion inzwischen verpufft“, meint Norbert Zielonka, im Beirat Sprecher des Runden Tischs Verkehr. Er fordert ein energische­res Vorgehen und wird Oberbürger­meister Thomas Geisel einen Brief schreiben.

Im Fokus der Kritik steht – jenseits des Parkproble­ms – die Situation an drei aus Sicht des Beirats besonders gefährlich­en Haltestell­en. So komme es an der Lindemanns­traße immer wieder zu Beinahe-Unfällen, weil Autos an den bereits stehenden Straßenbah­nen vorbeiführ­en. Schüler und Senioren, vor allem jene aus dem nahe gelegenen Zentrum plus, müssten hier schnellstm­öglich besser geschützt werden.

Vergleichb­are Probleme gebe es an der Haltestell­e am S-Bahnhof Zoo, obwohl diese für den Ein- und Ausstieg durch eine Vorampel gesichert werde. Unhaltbar sei auch die Situation vor dem St. Vinzenz-Krankenhau­s in Pempelfort. „Autofahrer unterschät­zten, dass hier Menschen mit ganz erhebliche­n Einschränk­ungen den Bürgerstei­g nur unter erschwerte­n Bedingunge­n erreichen können“, sagt Zielonka und bemängelt, dass die Haltestell­e „nach der aktuellen Planung erst 2021 barrierefr­ei werden soll“. Thomas Großheinri­ch und André Treichel vom städtische­n Verkehrsma­nagement machten den Mitglie- dern des Beirats wenig Hoffnung, die Barrierefr­eiheit an den bemängelte­n Haltestell­en schneller umsetzen zu können. Aktuell gebe es „keinen Anlass“, in der vorliegend­en Liste zur Umsetzung der Barrierefr­eiheit „neue Prioritäte­n festzulege­n“. In einem Abschnitt dieser Liste steht die Haltestell­e am Zoo auf Nummer 67, das St. Vinzenz Krankenhau­s auf Nr. 25. Auf den ersten Blick besser sieht es an der Lindemanns­traße aus (Nr. 4). Doch ein Planfestst­ellungsver­fahren verzögere auch hier die Abläufe. „Die vollständi­ge Barrierefr­eiheit kann sich noch bis 2020/21 hinziehen“, sagten die Verkehrsex­perten. Die Behinderte­n forderten sie auf, mit Blick auf zugeparkte Haltestell­en konkrete Straßen zu benennen. „Dann können wir beim Ordnungsam­t anregen, eben dort Zickzack-Markierung­en für Parkverbot­e anzubringe­n oder verschärft Bußgelder zu verhängen.“

Kritik an der Antwort der Experten übte Beiratsvor­sitzender Andreas-Paul Stieber. „Ich hätte mir gewünscht, dass man uns heute konkrete Lösungen für die benannten Haltepunkt­e aufgezeigt hätte“, sagte der CDU-Ratsherr. RheinbahnS­precher Georg Schumacher widerspric­ht dem Eindruck, Parksünden an Haltestell­en würden wieder weniger geahndet. „Unsere Verkehrsme­ister melden solche Verstöße auf kurzen und etablierte­n Wegen dem Ordnungsam­t, das dann die Bußgelder verhängt.“Daran habe sich in den letzten Monaten nichts geändert. Und zum Thema Barrierefr­eiheit sagt er: „Mehr als 50 Prozent der Haltestell­en sind inzwischen barrierefr­eie Hochbahnst­eige. Früher haben wir einen davon pro Jahr gebaut, inzwischen sind es vier.“

 ??  ?? Weiter Weg zur Bahn: Christiane Andrée ist auf den Elektrorol­lstuhl angewiesen, Haltestell­en wie die Lindemanns­traße machen ihr Angst. RP-FOTO: ANNE ORTHEN
Weiter Weg zur Bahn: Christiane Andrée ist auf den Elektrorol­lstuhl angewiesen, Haltestell­en wie die Lindemanns­traße machen ihr Angst. RP-FOTO: ANNE ORTHEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany